Mithilfe einer neuen Methode lassen sich spiegelbildliche Substanzen besser voneinander unterscheiden. Forscher haben dazu ein spezielles Röntgenlicht entwickelt – eine große Erleichterung für Arzneimittelhersteller.
Einige Moleküle existieren in zwei Formen, die zwar strukturell identisch sind, aber spiegelbildlich zueinander aufgebaut sind. Es handelt sich dann um chirale Moleküle. Ihre beiden spiegelbildlichen Formen nennt man Enantiomere. Bei biologischen Molekülen ist eine Chiralität besonders relevant, denn sie können unterschiedliche Wirkung im Körper entfalten. Bei der Entwicklung von Arzneimitteln ist es daher essenziell, Enantiomere voneinander zu trennen, damit nur die erwünschte Variante in ein Medikament gelangt.
Die bisher etablierte Methode, mit der Enantiomere unterschieden werden, ist der sogenannte zirkulare Dichroismus (CD). Hierbei wird Licht mit einer bestimmten Eigenschaft durch die Probe geschickt, das von den Enantiomeren unterschiedlich stark absorbiert wird. Allerdings sind bei CD die Signale von Natur aus sehr schwach: Die Lichtabsorption der beiden Enantiomere unterscheidet sich nur um knapp 0,1 %.
Forscher haben nun eine neue Methode entwickelt, mit der sich Enantiomere besser voneinander unterscheiden und somit trennen lassen: Den helikalen Dichroismus im Röntgenbereich. Die neue Methode nutzt den sogenannten helikalen Dichroismus (HD). Der Effekt, der diesem Phänomen zugrunde liegt, ist statt in der Polarisierung des Lichts in dessen Form zu finden: Die Wellenfront ist hierbei schraubenförmig gekrümmt.
In ihrer Studie konnten die Wissenschaftler erstmals erfolgreich zeigen, dass sich auch mit ihrer Methode Enantiomere unterscheiden lassen. Dies demonstrierten sie an einer pulverförmigen Probe des chiralen Metallkomplexes Eisen-tris-Bipyridin. Entscheidend für das Experiment war, Röntgenlicht mit den genau richtigen Eigenschaften zu erschaffen. Dies gelang den Forschern mit sogenannten Spiralzonenplatten, einer besonderen Art von Beugungslinsen, durch die sie das Licht schickten, bevor es auf die Probe traf. Das Signal, das sie erhielten, war um mehrere Grössenordnungen stärker als dasjenige, das sich mit CD erreichen lässt.
An der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS am PSI haben Forscher erfolgreich gezeigt, dass sich mit schraubenförmigem Röntgenlicht Enantiomere unterscheiden lassen. Credit: Benedikt Rösner.
„Mit den Spiralzonenplatten konnten wir auf sehr elegante Art unserem Röntgenlicht die gewünschte Form und somit einen Bahndrehimpuls geben. Die Strahlen, die wir so erschaffen, werden auch als optische Wirbel bezeichnet“, sagt Benedikt Rösner, der die Zonenplatten für dieses Experiment entworfen hat. Jérémy Rouxel, Erstautor der Studie, ergänzt: „Der helikale Dichroismus liefert eine völlig neue Art der Licht-Materie-Wechselwirkung. Wir können ihn für die Unterscheidung von Enantiomeren perfekt ausnutzen.“ Ein weiterer Vorteil: HD lässt sich im Gegensatz zu CD auch in flüssigen Lösungen nutzen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Paul Scherrer Instituts (PSI). Hier findet ihr die Originalpulikation.
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