Unterschiedlich schwere ALS-Symptome hängen mit ebenfalls unterschiedlichen Veränderungen im Gehirn und Rückenmark zusammen. Diese Erkenntnis ebnet den Weg für eine zielgerichtete Behandlung.
Menschen mit Amyotropher Lateralsklerose (ALS) leiden unter Muskelschwäche oder -steifheit und verlieren mit der Zeit ihre Fähigkeit, sich zu bewegen, zu sprechen, zu essen oder zu atmen. Es gibt aktuell keine Heilung für diese tödliche Motoneuronenkrankheit. Nun konnte zum ersten Mal ein Zusammenhang zwischen den unterschiedlichen Mustern der ALS-Symptome und den mikroskopischen Veränderungen im Gehirn und Rückenmark festgestellt werden. Die Ergebnisse wurde in Muscle & Nerve veröffentlicht.
Forscher der VA Boston Healthcare und der Boston University School of Medicine (BUSM) untersuchten in der VA Biorepository Brain Bank (VABBB), ob ein häufig verwendetes ALS-Bewertungssystem zur Verfolgung des Krankheitsverlaufs, die ALS functional rating scale-revised (ALSFRS-R), mit den mikroskopischen Veränderungen im Gehirn und Rückenmark von 93 Veteranen zusammenhängt, die ihr Gehirn und Rückenmark nach ihrem Tod an die VABBB gespendet hatten.
Das Bewertungssystem misst die durch ALS verursachte Muskelschwäche in den Armen und Beinen, beim Schlucken und Sprechen sowie bei der Atmung. Die Forscher unter der Leitung von Dr. Leigh Colvin fanden heraus, dass die Probanden in verschiedene Muster oder Cluster von Muskelschwächesymptomen eingeteilt werden konnten, beispielsweise meldete ein Cluster Schwäche in allen Muskelgruppen, während ein anderer seine Fähigkeit zu sprechen und zu schlucken bis zum Tod aufrechterhielt. ALS-Cluster mit schwereren Symptomen wiesen auch schwerere mikroskopische Veränderungen im Gehirn und Rückenmark auf, die mit der ALS zusammenhängen.
Der Zusammenhang zwischen den Cluster-Gruppen und den mikroskopischen ALS-spezifischen Veränderungen war zuvor noch nicht gezeigt worden und deutet darauf hin, dass die Verwendung des funktionellen Bewertungssystems zur Identifizierung verschiedener Muster des ALS-Krankheitsverlaufs zu einer besseren Bewertung aktueller und künftiger ALS-Behandlungen führen könnte.
Dr. Christopher Brady, Assistenzprofessor für Neurologie an der BUSM, leitender Autor der Studie und wissenschaftlicher Direktor des VABBB, merkte an: „Es gab schon früher Hinweise darauf, dass das ALSFRS-R mit eher globalen Veränderungen des Gehirns zusammenhängt, die auf Neuroimaging zu sehen sind. Wir hoffen, dass diese Ergebnisse die Untersuchung von ALS-Symptomuntergruppen fördern, um künftige Behandlungen für ALS besser anpassen zu können.“
Diese Ergebnisse unterstützen den wachsenden Konsens darüber, dass eine detailliertere Untersuchung der Ergebnisse des ALS-Bewertungssystems die Verfolgung verschiedener Muster des Krankheitsverlaufs bei ALS verbessern kann. Dies wiederum könnte Forschern bei der Identifizierung von Untergruppen für spezifischere Behandlungen in klinischen Studien helfen.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Boston University School of Medicine. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: National Cancer Institute, unsplash