Eine Karotisstenose wird häufig operativ behandelt, um einen späteren Schlaganfall zu verhindern. Doch ist das Risiko für asymptomatische Patienten wirklich so hoch? Forscher haben nun eine Neubewertung vorgenommen.
Wenn sich fetthaltige Cholesterinablagerungen in der Karotis ansammeln, spricht man von einer Karotisstenose. Die Verengung verursacht in vielen Fällen zunächst keinerlei Symptome. Einige klinische Studien kamen jedoch in den vergangenen Jahren zu dem Ergebnis, dass eine chirurgische Entfernung der Verengung die beste Option sei, um bei Patienten mit schweren Stenosen einem Schlaganfall vorzubeugen.
Forscher haben nun in einer aktuellen, groß angelegten Studie das langfristige Schlaganfallrisiko für Betroffene einer Karotisstenose neu bewertet. „Die Frage, wie Patienten mit einer Verengung der Halsschlagader ohne Symptome am besten behandelt werden können, ist seit langem eine Forschungspriorität“, erklärt Erstautor Dr. Robert Chang. „Wir beschlossen, einen Schritt zurückzutreten und unsere Studie mit der Frage zu beginnen, wie wahrscheinlich es ist, dass diese Patienten tatsächlich einen Schlaganfall im Zusammenhang mit ihrer schweren Stenose erleiden.“
Dr. Chang und seine Kollegen untersuchten dazu mehr als 3.700 Betroffene, bei denen eine schwere asymptomatische Karotisstenose diagnostiziert wurde. Die Wissenschaftler schauten sich zunächst an, wie die Stenose behandelt worden war: Etwa 1.400 Patienten wurden zur Behandlung der Stenose operiert – etwa 2.300 Probanden hingegen, erhielten keine Operation. Das Team überprüfte anschließend, wie viele Patienten dann tatsächlich einen Schlaganfall auf derselben Seite wie die Karotisstenose erlitten.
Das Ergebnis der Analyse: Bei lediglich 129 Patienten wurde während der Nachbeobachtungszeit tatsächlich ein Schlaganfall diagnostiziert. Eine statistische Analyse dieser Daten ergab, dass die Patienten, die keine Operation erhielten also ein kumulatives Risiko von 4,7 % hatten, innerhalb von 5 Jahren nach der Diagnose ihrer Karotisstenose einen Schlaganfall zu erleiden. Die Hauptautorin der Studie, Mai N. Nguyen-Huynh, zeigt sich von diesem Ergebnis wenig überrascht: „Wir haben vermutet, dass wir bei diesen Patienten ein geringeres Schlaganfallrisiko feststellen könnten, weil es heute bessere Behandlungen zur Schlaganfallprävention gibt, darunter Medikamente zur Kontrolle des Blutdrucks, zur Vorbeugung von Blutgerinnseln und zur Senkung des Cholesterinspiegels, als zum Zeitpunkt der Durchführung der ursprünglichen randomisierten Studien“, sagte sie.
Das Risiko eines zukünftigen Schlaganfalls nach einer Verstopfung der Halsarterie ist daher so gering, dass die meisten Patienten mit dieser Erkrankung medikamentös behandelt werden können und keine Operation benötigen – so die Studienautoren. „Ich denke, dass unsere Studie viele Patienten und ihre Ärzte dazu veranlassen wird, zweimal über eine Operation nachzudenken, wenn sie stattdessen ein wirksames, aggressives medizinisches Programm zur Senkung ihres Schlaganfallrisikos bei asymptomatischer Karotiserkrankung anwenden können“, schlussfolgert Chang.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung von Kaiser Permanente. Die Originalpublikation findet ihr hier.
Bildquelle: Akram Huseyn, unsplash