Ledig, verwitwet oder geschieden? Das kann in Kombination mit Herzerkrankungen fatale Folgen haben. Lest hier die Details.
In der Vergangenheit wurden bereits einige Studien publiziert, die zeigen konnten, dass der Familienstand einen Einfluss auf die Herz-Kreislauf-Gesundheit hat. So könnte dieser sowohl das Erkrankungsrisiko als auch die Prognose bei bereits bestehender Erkrankung beeinflussen.
Die Mehrheit der veröffentlichten Studien kam zu dem Ergebnis, dass Menschen, die nicht verheiratet waren – dazu zählten Personen, die nie verheiratet waren und die geschieden oder verwitwet waren – ein größeres Risiko hatten, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu erkranken als verheiratete Personen. Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2018 zeigt: Das Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung ist im Vergleich bei nicht-verheirateten Personen um 42 % höher. Das Risiko speziell für die koronare Herzkrankheit war um 16 % erhöht, wenn die Person nicht verheiratet war.
Fabian Kerwagen vom Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz Würzburg (FZHI) ging nun der Frage nach, wie sich der Familienstand auf die Prognose bei einer chronischen Herzinsuffizienz auswirkt. Hierzu analysierte er Daten aus der erweiterten INH-Studie (E-INH = Extended Interdisciplinary Network Heart Failure). An der E-INH-Studie nahmen etwas mehr als 10.000 Personen teil, die zwischen den Jahren 2004 und 2007 aufgrund einer dekompensierten Herzinsuffizienz ins Krankenhaus eingeliefert wurden. Von den rund 1.008 Betroffenen, die Angaben zum Familienstand machten, waren 633 (63 %) verheiratet und 375 (37 %) unverheiratet, davon 195 verwitwet, 96 nie verheiratet und 84 getrennt lebend oder geschieden.
Zu Beginn der Studie wurden die Lebensqualität, Selbstwirksamkeit und sozialen Einschränkungen erhoben. Für die Messung der Selbstwirksamkeit wurde der Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire verwendet. Hierbei handelt es sich um einen Fragebogen der speziell für Patienten mit bestehender Herzinsuffizienz entwickelt wurde. Selbstwirksamkeit beschreibt die Einschätzung der Erkrankten, inwiefern sie sich in der Lage fühlen, eine Verschlechterung der Herzinsuffizienz zu verhindern und Komplikationen zu bewältigen. Unter sozialer Einschränkung wurde das Ausmaß verstanden, in dem die Folgen einer Herzinsuffizienz die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigt – beispielsweise die Ausübung von Hobbys und Freizeitaktivitäten oder die Interaktion mit Freunden und Familie.
Die Ergebnisse die beim Heart Failure Kongress im Mai 2022 in Madrid von Fabian Kerwagen vorgestellt wurden, zeigten: Es gibt keine Unterschiede zwischen verheirateten und unverheirateten Patienten hinsichtlich der allgemeinen Lebensqualität. Allerdings schnitt die unverheiratete Gruppe bei den sozialen Einschränkungen und der Selbstwirksamkeit schlechter ab als die verheiratete Gruppe. Während der Nachbeobachtungszeit über eine Zeitspanne von 10 Jahren starben insgesamt 67 % der Patienten. Unverheiratete hatten dabei im Vergleich zu Verheirateten ein um ca. 60 % höheres Todesrisiko. Das höchste Risiko hatten dabei verwitwete Probanden.
Als Ursache hierfür nahm der Autor an, dass unverheiratete Patienten mit Herzschwäche weniger Vertrauen in den Umgang mit ihrer Erkrankung haben und in ihrer sozialen Teilhabe stärker eingeschränkt sind als Verheiratete. Soziale Unterstützung helfe Menschen bei der Bewältigung von Langzeiterkrankungen, berichtet Fabian Kerwagen auf dem Kongress. Er nennt als Beispiel, dass Ehepartner bei der korrekten und regelmäßigen Einnahme der Medikamente unterstützen können, Motivation spenden und eine Vorbildfunktion bei der Entwicklung gesunder Verhaltensweisen einnehmen können, was sich alles auf die Lebenserwartung auswirken kann.
Unverheiratet zu sein, ist mit einem höheren Sterberisiko bei Patienten mit Herzinsuffizienz verbunden. Gründe hierfür könnten sein, dass unverheiratete Patienten mit Herzinsuffizienz weniger Vertrauen in den Umgang mit ihrer Erkrankung haben und sind in ihrer sozialen Teilhabe stärker eingeschränkt sind als Verheiratete.
Fabian Kerwagen empfiehlt, dass das soziale Umfeld bei der Behandlung von Patienten mit Herzinsuffizienz berücksichtigt und einbezogen werden sollte. Seiner Ansicht nach könnten strukturierte Behandlungsprogramme mit spezialisierten Herzinsuffizienz-Pflegekräften oder Selbsthilfegruppen für Herzinsuffizienz dabei helfen, mögliche Lücken zu schließen. Auch die Aufklärung über das Leben mit einer Herzinsuffizienz, betont er, sei von entscheidender Bedeutung. Gleichzeitig solle aber auch das Vertrauen der Patienten in ihre Fähigkeiten zur Selbstversorgung gestärkt werden.
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