Sind Frauen, die Zwillinge bekommen, fruchtbarer? Während frühere Studien dies zeigen, kam ein Forscherteam nun zu einem anderen Ergebnis.
Etwa 1 - 3 % aller Geburten sind Zwillingsgeburten. Da Zwillingsschwangerschaften und -geburten mit einem höheren Risiko für gesundheitliche Probleme verbunden sind, als es bei Einlingen der Fall ist, scheinen Zwillinge im Laufe der Evolution nicht häufiger vorzukommen. Aber warum hat die Evolution durch natürliche Auslese die Zwillingsbildung nicht gänzlich verhindert?
Eine gängige Erklärung lautet, dass die Zwillingsbildung mit einer höheren Fruchtbarkeit einhergeht. Der Gedanke ist, dass Frauen, die überdurchschnittlich fruchtbar sind, auch eher mehr als eine Eizelle beim Eisprung freisetzen. In zahlreichen Untersuchungen wurden demografische Daten analysiert und Ergebnisse erzielt, die mit dieser Auffassung übereinstimmen.
Eine neue Studie zeigt jedoch, dass die bisherigen Analysen fehlerhaft waren. „Frühere Untersuchungen sind problematisch, weil sie uns nicht sagen können, ob Mütter mit Zwillingen häufiger Kinder bekommen, weil sie besonders fruchtbar sind, oder weil häufigeres Gebären die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass eine dieser Geburten Zwillinge sind“, erklärt Studienleiter Alexandre Courtiol.
Um den Zusammenhang zwischen Zwillingsbildung und Fruchtbarkeit erneut zu untersuchen, kombinierte das Forscherteam große Datensätze von Geburtsergebnissen aus verschiedenen Teilen des vorindustriellen Europas. Die Ergebnisse zeigen, dass Zwillinge nicht ungewöhnlich fruchtbar sind – die bisherige Wissenschaft hatte Ursache und Wirkung verwechselt. „Wenn eine Mutter häufiger Kinder bekommt, ist es wahrscheinlicher, dass eine dieser Geburten Zwillinge sind – so wie man eher gewinnt, wenn man mehr Lotterielose kauft“, fügt Erstautor Ian Rickard hinzu. Unter Berücksichtigung des „Lotterieloseffekts“ stellten die Wissenschaftler fest, dass Mütter mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für Zwillinge tatsächlich seltener ein Kind zur Welt brachten – ein Ergebnis, das früheren Erkenntnissen widerspricht.
„Es gibt noch viel, was wir über Zwillinge nicht verstehen, aber unsere Studie deutet darauf hin, dass Zwillinge aus zwei Gründen nicht durch natürliche Selektion eliminiert wurden. Erstens ist die Zwillingsbildung eine Folge des doppelten Eisprungs, der die reproduktive Alterung ausgleicht und allen außer den jüngsten Müttern zugutekommt. Zweitens: Wenn das Risiko einer frühen Sterblichkeit von Zwillingen nicht zu hoch ist, gehen Zwillingsgeburten mit größeren Familien einher“, folgert Courtiol.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung. Die Originalpublikation findet ihr hier.
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