Immer mehr Ältere leiden unter Einsamkeit. Das schlägt nicht nur auf die Psyche, sondern kann auch krank machen. Es gibt jedoch Maßnahmen, die vorbeugen können.
Im Auftrag des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) gehen derzeit Wissenschaftler unter der Leitung des Universitätsklinikums Hamburg Eppendorf (UKE) der Frage nach, welche Maßnahmen einer sozialen Isolation und Einsamkeit im Alter vorbeugen oder entgegenwirken könnten. Das vorläufige Ergebnis: Die große Heterogenität und methodische Einschränkungen der vorliegenden Studien lassen keine eindeutigen Aussagen zu der Frage zu, welche Maßnahmen sicher helfen. Für drei Ansätze gibt es jedoch Anhaltspunkte für einen positiven Effekt.
Zu diesem vorläufigen HTA-Bericht bittet das IQWiG nun bis zum 01.07.2022 um Stellungnahmen. Es handelt sich dabei um eine Gesundheitstechnologie-Bewertung (engl. Health Technology Assessment = HTA) im Rahmen des IQWiG-Verfahrens ThemenCheck Medizin. Die Fragestellungen dieser HTA-Berichte gehen stets auf Vorschläge von Bürgern zurück.
Ein großes psychosoziales Problem im Alter kann die soziale Isolation sein – ausgelöst etwa durch Rollenveränderungen, geänderten Familienstand oder durch den Verlust von Bezugspersonen. Ein Bürger stellte vor diesem Hintergrund die Frage, ob es wirksame Maßnahmen zur Vorbeugung und Reduzierung sozialer Isolation im Alter gibt. Die Einsamkeit im Alter werde ein immer größeres Problem und könne nicht nur mit psychischen, sondern in Folge auch mit physischen Beeinträchtigungen einhergehen.
Die Fragestellung für den jetzt im Rahmen des ThemenChecks Medizin beim IQWiG vorgelegten vorläufigen HTA-Bericht geht auf diese Frage des Bürgers zurück und lautet: „Soziale Isolation und Einsamkeit im Alter: Welche Maßnahmen können einer sozialen Isolation vorbeugen oder entgegenwirken?“
Das vom IQWiG beauftragte externe Wissenschaftsteam konnte in ihre Nutzenbewertung 14 randomisierte kontrollierte Studien zu Maßnahmen zur Prävention und Behandlung von sozialer Isolation und Einsamkeit einbeziehen. Sechs dieser Studien fokussierten auf die Evaluation von Präventionsmaßnahmen und acht auf Maßnahmen mit therapeutischem Ansatz.
Allerdings beschrieben die Wissenschaftler die methodischen Schwächen aller in die Nutzenbewertung eingeschlossener Studien bereits auf Studienebene als ausgeprägt. Zudem untersuchten die Studien sehr unterschiedliche, meist von Ehrenamtlichen geleistete Maßnahmen wie Besuche in der eigenen Wohnumgebung, Telefonate/Telefonfreundschaften, Technikschulungen und auch eine Tai-Chi-Qigong-Intervention in Kombination mit ehrenamtlichen Gesundheitslotsen sowie professionell geleitete Gruppenangebote.
Aus der vorliegenden Evidenz konnten keine Belege oder Hinweise dafür abgeleitet werden, dass eine bestimmte Interventionsform zur Vorbeugung, Reduktion oder Bewältigung von sozialer Isolation und Einsamkeit bei älteren Menschen eindeutig wirksam ist.
Für einige Maßnahmen fanden die Wissenschaftler allerdings Anhaltspunkte für positive Effekte: So gibt es einen Anhaltspunkt dafür, dass bei älteren Personen, die potenziell von Isolation und Einsamkeit bedroht sind, eine professionell geleitete Gruppenarbeit die soziale Unterstützung erhöht.
Daneben gibt es Anhaltspunkte dafür, dass Besuchsprogramme durch Ehrenamtliche bei älteren, sozial isolierten und einsamen Personen zumindest die Lebenszufriedenheit steigern beziehungsweise die Angstsymptome reduzieren.
Und bei sozial isolierten und von Einsamkeit betroffenen Älteren gibt es Anhaltspunkte dafür, dass ein professionell geleitetes Gruppenangebot die Mortalität senkt und den selbstberichteten Gesundheitszustand verbessert. Die Wissenschaftler empfehlen, auf der Grundlage der vielfältigen Vorarbeiten, valide und bedarfsadaptierte Konzepte zur Vorbeugung und Reduktion sozialer Isolation und Einsamkeit bei älteren Menschen zu entwickeln und zu überprüfen.
Zu dem nun vorliegenden vorläufigen HTA-Bericht bittet das IQWiG bis zum 01.07.2022 um Stellungnahmen. Alle interessierten Personen, Institutionen und (Fach-)Gesellschaften können Stellungnahmen abgeben. Gegebenenfalls führt das IQWiG eine wissenschaftliche Erörterung zur Klärung von weitergehenden Fragen aus den schriftlichen Stellungnahmen durch. Die Ergebnisse aus der Anhörung können zu Änderungen und/oder Ergänzungen des vorläufigen HTA-Berichts führen.
Dieser Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Zum HTA-Bericht kommt ihr hier.
Bildquelle: Bruno Martins, unsplash