Das Hepatitis-E-Virus ist weit verbreitet. Bisher gibt es kein wirksames Medikament. Forscher haben nun einen Pflanzenstoff entdeckt, der die Vermehrung der Viren hemmt.
Das Hepatitis-E-Virus (HEV) ist der Hauptverursacher akuter Virus-Leberentzündungen, an denen jährlich ca. 20 Millionen Menschen weltweit erkranken. Bei Personen mit einem intakten Immunsystem heilen akute Infektionen normalerweise von selbst aus. Bei immunsuppressiven Betroffenen kann eine Infektion mit Hepatitis E jedoch chronisch werden. Auch für schwangere Frauen ist HEV besonders gefährlich.
Zur Behandlung einer HEV-Infektion wird häufig der Wirkstoff Ribavirin eingesetzt, der jedoch nicht immer wirksam ist. Ein Forscherteam hat daher versucht, eine pflanzliche Alternative zum Virostatikum zu finden. Die Wahl der Virologen fiel dabei auf Rocaglamide – eine Gruppe von pflanzlichen Stoffen, die von verschiedenen Mahagonipflanzen produziert werden. Es ist bekannt, dass Rocaglamide eine hemmende Wirkung auf die Vermehrung mancher Krebszellen besitzen. 2008 wurden erstmals Erkenntnisse über ihre antivirale Wirkung gegen RNA-Viren veröffentlicht: So können sie zum Beispiel die Vermehrung von Ebolaviren, Zikaviren oder auch SARS-CoV-2 hemmen.
Ein Bostoner Forscherteam erstellte daraufhin eine Bibliothek von Rocaglamiden mit verschiedenen chemischen Veränderungen. „Die Kernstruktur der insgesamt 205 Substanzen ist immer gleich. Daran wurden verschieden große oder flexible chemische Gruppen angehängt“, erklärt Virologin Mara Klöhn. Diese 205 Substanzen hat die Bochumer Gruppe in einer aktuellen Studie auf ihre Wirksamkeit gegen HEV in Zellkultur getestet. Dazu verwendeten die Forscher Krebszelllinien und HEV-Genome, die mit einem Reportergen versehen sind. Anhand der Menge des produzierten Proteins, dessen Bauplan in diesem Reportergen liegt, können sie genau messen, wie erfolgreich sich das Virus in Anwesenheit verschiedener Substanzen vermehrt.
Wie stark eine Substanz die Vermehrung der Viren hemmt, geben die Forscher mittels einer sogenannten mittleren inhibitorischen Konzentration an. Je niedriger sie ist, umso besser wirkt die Substanz. „Die mittlere inhibitorische Konzentration unserer drei besten getesteten Rocaglamide liegt zwischen 0,5 und 3 nanomolar“, berichtet Klöhn. „Zum Vergleich: Der des natürlichen Rocaglamids Silvestrol liegt bei drei bis sieben nanomolar.“
Da Rocaglamide auch eine zellschädigende Wirkung haben, die sich besonders bei Krebszellen bemerkbar macht, untersuchten die Forscher diese Toxizität auch an gesunden Leberzellen vom Schwein. „Hier war die Toxizität geringer als in der Zellkultur, die ja auf Krebszelllinien basiert“, so Klöhn. Die Forscher haben nun weitere Studien geplant, um die Wirksamkeit und Toxizität der Rocaglamide zu untersuchen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Ruhr-Universität Bochum. Hier und im Text haben wir euch die Originalpublikation verlinkt.
Bildquelle: Liubov Ilchuk, unsplash