Eine nichtinvasive Methode der Probengewinnung: Mittels eines neuen Testkits lassen sich Patienten mit Ikterus anhand ihrer Tränen identifizieren. Wie das gelingt, lest ihr hier.
Menschliche Tränenflüssigkeit enthält viele Proteine, Metabolite und andere Moleküle, deren Konzentrationen sich bei bestimmten Krankheiten stark ändern. Ein Forschungsteam hat jetzt ein Testkit für Tränen entwickelt, mit dem Gelbsucht-Patienten identifiziert werden können. Weg zum Erfolg war ein hybrider Sensor, der zugleich störende Verunreinigungen aus der Probe abtrennt. Der Ansatz könnte neue Wege für Früherkennung und Diagnostik anhand komplexer Körperflüssigkeiten aufzeigen, wie das Team in der Zeitschrift Angewandte Chemie darlegt.
Ein besonderer Vorteil der Tränen-Diagnostik ist die nichtinvasive Probengewinnung. Als Analysenmethode für enthaltene Biomoleküle bietet sich die oberflächenverstärkte Raman-Spektroskopie (Surface-Enhanced Raman Spectroscopy, SERS) an. Beim Raman-Effekt regt Licht bei der Streuung an Materie charakteristische Schwingungen und Rotationen von Molekülteilen an. Die resultierende Frequenzverschiebung beim Streulicht liefert einen molekularen Fingerabdruck. Stehen die Analyt-Moleküle in Kontakt mit einer Metalloberfläche (Hotspots), werden die Raman-Signale so verstärkt, dass die für die Tränen-Diagnostik nötige Ultrasensitivität erreicht wird. Eine Markierung der Analyte ist überflüssig.
Kompakte Raman-Handgeräte ständen für die direkte Diagnostik beim Patienten zur Verfügung. Das Problem sind geeignete SERS-Sensoren. Bisherige werden durch starke Ablagerung von Tränen-Bestandteilen rasch deaktiviert. Geht es also nicht ohne aufwendige Proben-Vorbehandlung?
Doch, wie das Team um Yun Feng, Zhou Yang und Tie Wang jetzt mit einem neuartigen Ansatz für das Diagnose-Testkit etwa in Größe einer Streichholzschachtel zeigt. Herzstück ist eine hybride Schicht: Eine Lage regelmäßig angeordneter Siliciumdioxid-Nanokügelchen wird auf der Oberseite mit einer hauchfeinen Goldschicht versehen, auf die eine Schicht aus Gold-Nanopartikeln aufgetragen wird, die als SERS-Hotspots wirken. Die Zielmoleküle binden an das Gold und werden auf der Oberseite festgehalten, während kleinere Tränenbestandteile durch die Zwischenräume zwischen den Siliciumdioxid-Nanokügelchen in ein saugfähiges Substrat unterhalb der Schicht gelangen.
Die Porendurchmesser lassen sich über die Größe der verwendeten Kügelchen so einstellen, dass die störenden Hauptbestandteile von Tränen (Albumin, Lysozym, IgG und Peroxidase) abgetrennt werden. Die Schicht wird zwischen zwei Glasträgern eingebettet und in ein Gehäuse eingeschlossen. Eine herausragende Spitze dient der Sammlung von Tränenflüssigkeit am Augenwinkel. Die SERS-Untersuchung erfolgt durch ein Fenster auf der Oberseite.
Mithilfe des Testkits identifizierte das Team Patienten mit Ikterus. Der Gallenfarbstoff Bilirubin wird nicht ausreichend ausgeschieden, sondern im Körper angereichert und findet sich auch in Tränenflüssigkeit. Bilirubin bindet stark an das Gold des Sensors und ist anhand seines SERS-Signals sehr empfindlich nachweisbar.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Gesellschaft Deutscher Chemiker. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Mayank Dhanawade, Unsplash