Ein 44-Jähriger mit bekannter Multipler Sklerose wird wegen eines Ödems der unteren Extremität in eine Spezialklinik überwiesen. Er wird mit Rituximab behandelt und aus der Anamnese wird schnell klar: Es ist nicht das erste Mal, dass er mit Infusionsreaktionen zu kämpfen hat.
Ein 44-jähriger Mann mit bekannter schubförmig remittierender Multipler Sklerose (MS) wird in eine Spezialklinik überwiesen, um ein beidseitiges Ödem in den unteren Gliedmaßen zu untersuchen. Der Patient wird mit Rituximab behandelt und kurz nach der letzten Infusion ist dieses Ödem aufgetreten. Zudem klagt er über Kopfschmerzen und eine generalisierte Arthralgie.
Bei den Laboruntersuchungen sind erste Auffälligkeiten feststellbar: Der Serumkreatininwert ist erhöht, ebenso wie SGPT, SGOT und CRP. Im Jahr 2001 wird die MS diagnostiziert, woraufhin der Mann zunächst mit Interferon-beta 1a behandelt wird. Fünf Jahre später erleidet er eine beidseitige Parese der unteren Gliedmaßen und 3 Jahre später eine schwere Quadriparese. Nach der Akutbehandlung wird er daher zunächst auf Fingolimod umgestellt und 2018 - 2 Jahre später - auf Rituximab.
Bereits damals - nach der ersten Rituximab-Infusion - erleidet er eine Infusionsreaktion, die sich zunächst durch Erytheme und urtikarielle Läsionen äußert, was die Ärzte auf eine moderate allergische Reaktion schließen lässt. Zwei Tage später bemerkt er dann erstmals ein Extremitätenödem. Unter Behandlung mit Antihistaminika und Kortikosteroiden bessert sich dies wieder.
Sechs Monate später - bei Verabreichung der zweiten Dosis Rituximab - kommt es erneut zu diesen Ödemen. Nun wird ein Spezialist für Infektionskrankheiten konsultiert, um infektiöse Ursachen oder eine Sepsis auszuschließen.
Aufgrund dieser Vorgeschichte, der aktuellen Anamnese und der Laborbefunde haben die Ärzte einen dringenden Verdacht, weshalb es bei Rituximab-Gabe immer wieder zu dieser Symptomatik kommt: Zytokinfreisetzungssyndrom heißt des Rätsels Lösung. Dabei handelt es sich um eine Überreaktion von T-Lymphozyten, die zu einer erhöhten Freisetzung bestimmter Zytokine wie Interleukin(IL)-1, IL-2, IL-6, IL-8, IL-10, Tumornekrosefaktor (TNF) und Interferone (INF) führt- Insbesondere IL-6 ist dabei von Bedeutung.
Der Patient wird daraufhin mit Antihistaminika und Kortikosteroiden behandelt. Die Symptome bessern sich bereits innerhalb der ersten zwei Wochen, nach vier Wochen ist auch das Ödem vollständig verschwunden.
Text- und Bildquelle: Etemadifar et al. / Clinical Case Reports
Titelbild: Mihai Surdu / Unsplash