Fünf neu entdeckte Genvarianten hängen mit dem Volumen der Hirnstrukturen Putamen und Nucleus caudatus zusammen. Die Genregion KTN1 hatte den stärksten Effekt. Die Ergebnisse sind für das Verständnis der molekularen Grundlagen psychischer Erkrankungen von Interesse.
Das internationale Forscherkonsortium ENIGMA (Enhancing Neuro Imaging Genetics through Meta-Analysis) hat eine großangelegte Untersuchung durchgeführt, wie genetische Varianten die Ausformung verschiedener Gehirnregionen beeinflussen. Die Wissenschaftler werteten die Hirnscan-Aufnahmen von insgesamt 30.717 Menschen aus, die aus 50 Kohortenstudien weltweit und unter anderem auch aus dem Integrierten Genomforschungsnetzwerk MooDS stammen. Die Bilder dienten als Grundlage zur Bestimmung des Volumens der Schädelhöhle und sieben verschiedener Gehirnregionen.
Welche Gene führen dazu, dass die Größe der Gehirnstrukturen von Mensch zu Mensch variiert? Um diese Frage zu beantworten, glichen die Forscher die Hirnscanner-Daten mit Erbgutanalysen ab und fanden dabei insgesamt fünf neue genetische Varianten in den Genregionen DLG2 (auf Chromosom 11 gelegen), FAT3 (Chromosom 11), KTN1 (Chromosom 14), DCC (Chromosom 18) und BCL2L1 (Chromosom 20), die mit dem Volumen der Hirnstrukturen „Putamen“ und „Nucleus caudatus“ zusammenhängen. Diese Hirnstrukturen gehören zu den sogenannten Kerngebieten des Großhirns, denen zentrale Umschaltfunktionen von Nervenbahnen im Gehirn zukommen. Wie die jetzt identifizierten Gene ihren Einfluss auf die Größe der Gehirnstrukturen auf der biologischen Ebene im Detail entfalten, ist noch nicht bekannt. Es gibt aber Hinweise, dass im wachsenden Gehirn zum Beispiel die Wanderung von Nervenzellen (DCC) oder der programmierte Zelltod unreifer Neuronen (BCL2L1) beeinflusst werden.
Unter allen untersuchten Genen zeigte das KTN1 den stärksten Effekt. Bisher war über die Rolle dieses Gens in der Entwicklung von Nervenzellen kaum etwas bekannt. Weitergehende Untersuchungen konnten zeigen, dass die genetische Variante das Ablesen des Gens beeinflusst und damit höchstwahrscheinlich auch die Menge des gebildeten Proteins. „Ein besseres Verständnis für die Ursachen von Hirnveränderungen bei schweren psychiatrischen Erkrankungen kann Ansatzpunkte für neue Therapiemöglichkeiten aufzeigen. Die Forschung zu genetischen Zusammenhängen und Reduktionen von grauer Substanz bei Schizophrenie ist hier wegweisend und bietet in Zukunft vielleicht auch die Möglichkeit schon frühzeitig, das heißt im Kindes- und Jugendalter, zu intervenieren“, erklärt Prof. Dr. Stefan Ehrlich Originalpublikation: Common genetic variants influence human subcortical brain structures Stefan Ehrlich et al.; Nature, doi: 10.1038/nature14101, 2015