Um das Wiskott-Aldrich-Syndrom zu behandeln, steht bisher nur eine Knochenmarktransplantation zur Verfügung. Forscher haben nun eine gentherapeutische Variante geprüft – mit Erfolg.
Das Wiskott-Aldrich-Syndrom (WAS) ist eine Erbkrankheit, die das Immunsystem schwächt, indem sie die Produktion von Antikörpern vermindert. Etwa drei von einer Million Kindern leiden unter dem Syndrom, das X-chromosomal vererbt wird und deshalb fast ausschließlich Jungen betrifft. Bereits kurz nach der Geburt treten bei Erkrankten erste petechiale Blutungen auf. Kinder mit schwerem WAS leiden unter vermehrten Blutergüssen, blutigem Durchfall und anhaltenden Blutungen nach vergleichsweise leichten Verletzungen. Außerdem sind sie anfälliger für Infektionen und haben ein erhöhtes Krebsrisiko. Die derzeitige Standardbehandlung ist eine Knochenmarktransplantation – doch nur 20 % der Patienten finden einen passenden Spender. Ohne angemessene Behandlung kann die Krankheit lebensbedrohlich sein: Viele Kinder werden nicht älter als 10 Jahre.
Ein internationales Forschungsteam hat daher nach einer alternativen Therapie zur Transplantation gesucht. Dazu behandelten sie acht Kinder, die unter WAS litten, mit einer lentiviralen Gentherapie: Mithilfe des harmlosen Lentivirus übertrugen die Wissenschaftler gesunde Versionen des fehlerhaften Gens, das WAS verursacht. Zuvor versuchten Wissenschaftler bereits, gesunde Gene durch ein Retrovirus zu übertragen. Dieser Ansatz zeigte zwar Wirkung, führte aufgrund der schweren Toxizität aber auch zu zahlreichen Nebenwirkungen.
Im Anschluss an die Behandlung mit den Lentiviren beobachteten die Mediziner, dass die Zahl und der Schweregrad der Infektionen deutlich zurückging. Weiterhin konnte auf die Einnahme von Antibiotika verzichtet werden. Auch die typischen Hautekzeme, die mit der Krankheit verbundenen sind, verschwanden bei den Probanden vollständig. Zwar wiesen einige Patienten nach der Behandlung weiterhin eine niedrige Anzahl an Thrombozyten auf, dennoch kam es bei keinem der Patienten zu schweren Blutungsepisoden. Die Kinder im Alter von vier bis neun Jahren wurden über einen Zeitraum von mindestens vier Jahren beobachtet. Während dieser Zeit hielt der Nutzen der Gentherapie an, und es wurden keine schweren Nebenwirkungen festgestellt.
„Diese Arbeit zeigt das Potenzial der Gentherapie als sichere Alternative für WAS-Patienten, bei denen eine Transplantation eine weniger günstige Option darstellt“, ordnet Studienautor Prof. Adrian Thrasher die Ergebnisse ein. Der Immunologe und seine Kollegen hoffen, mit ihrer Forschung nicht nur die Lebenserwartung von Kindern mit WAS um Jahrzehnte verlängern, sondern auch ihre Lebensqualität erheblich verbessern zu können. „Obwohl diese Behandlung noch nicht verfügbar ist, hoffen wir, dass sie bei langfristiger Nachbeobachtung die Chance auf eine potenzielle Heilung für Kinder mit lebensbegrenzenden Immundefekten wie WAS bieten könnte“, sagt Prof. Thrasher.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des University College London. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Warren Umoh, unsplash