Ist es Ihnen auch schon einmal aufgefallen - Sie haben eine kleine Wunde im Mund und binnen kürzester Zeit ist sie verheilt und hat auch keine Narbe hinterlassen? Das ist kein Zufall: Wunden im Mundbereich heilen in der Regel deutlich schneller ab und hinterlassen seltener Narben als Wunden an anderen Hautregionen. Ein Forschungsteam aus Bethesda, USA, ging diesem Phänomen mittels Transkriptomanalysen auf die Schliche.1 Welche Unterschiede zwischen der Mundschleimhaut und der Haut an anderen Körperregionen beobachtet wurden, und welchen therapeutischen Nutzen dieses neu gewonnen Wissen gerade bei chronischen Wunden haben, könnte erfahren Sie hier.1
In der klinischen Studie wurden 30 gesunde Proband:innen eingeschlossen, bei denen am Tag 1 eine 3-mm kreisrunde Wunde mittels Hautstanze sowohl auf der Wangeninnenwand sowie der Innenseite des Oberarms induziert wurde. Um die zelluläre Antwort auf die induzierte Wunde auf Transkriptom-Ebene zu untersuchen, wurde anschließend eine weitere 5-mm Biopsie an Tag 3 bzw. 6 entnommen, aus der RNA isoliert werden konnte.1
In der Transkriptomanalyse sind den Forschern besonders drei Punkte ins Auge gesprungen:1
Wenn man sich die oben genannten Punkte im Detail ansieht fällt auf, dass in der Mundschleimhaut zum Tag 3 rund 410 Gene signifikant und am Tag 6 kein Gen mehr im Vergleich zum Tag 1 dereguliert ist. Im Gegensatz dazu sind in der Haut am Oberarm am Tag 3 stolze 1473 und am Tag 6 mit 1836 Gene sogar noch einmal mehr Gene dereguliert. Aber bereits vor dem Entstehen der Wunde ist das Transkriptom der beiden Hautareale unterschiedlich: Zur Baseline ist in der Mundschleimhaut die Expression bestimmter Gene, die mit der Wundheilung in Keratinozyten assoziiert sind, signifikant erhöht. Dazu zählen unter anderem Keratins 6 (KRT6) und 16 (KRT16), small proline-rich (SPRR) sowie S100 Proteine, Defensine, Serpine oder Annexine. Dieses Ergebnis lässt vermuten, dass bereits im ‚unverwundeten‘ Status das regulatorische Netzwerk der Genexpression, welches die besonders schnelle Heilungsmechanismen in der Mundschleimhaut induziert, vorhanden ist und nicht erst aktiviert werden muss. Getreu dem Motto: Steady, ready, go!1
Ohja, die hat sie! Die Forscher konnten mittels einer vergleichenden Analyse zwei Transkriptionsfaktoren finden, die bei der Mundschleimhaut herausstechen und zur Wundheilung maßgeblich beitragen: Da wäre zum einen SOX2 (sex-determining region Y-box 2) und zum anderen PITX1 (paired-like homeodomain 1). Beide Faktoren scheinen für das charakteristische Netzwerk der schnellen und effizienten Wundheilung in der Mundschleimhaut verantwortlich zu sein.1
Das ist durchaus denkbar. Anhand eines Mausmodells konnte dargestellt werden, dass die Wundheilung nach der Überexpression von SOX2 im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant verbessert werden konnte (p < 0,05). Histologische Untersuchungen zeigten einerseits ein schnelleres Zuwachsen des Wundrands als auch signifikant mehr PCNA+ proliferierende Epithelzellen nach SOX2 Überexpression in der Wunde(p < 0,05). Anhand dieser Daten ist es daher durchaus denkbar mittels genetisch oder pharmakologisch induzierter Expression oder Aktivität von SOX2 gerade chronische Wunden zu behandeln, um die Wundheilung zu verbessern.1
Wunden verheilen im Mundbereich deutlich schneller und effizienter als an anderen Körperregionen. Mitunter scheint eine basale Grundaktivität zur Wundheilung in der Mundschleimhaut eine entscheidende Rolle zu spielen, bei der vor allem die Transkriptionsfaktoren SOX2 und PITX1 für dieses Mundschleimhaut-charakteristische Netzwerk der schnellen und effizienten Wundheilung verantwortlich zu sein scheint. So ist es durchaus denkbar eine genetisch oder pharmaklogisch induzierte Überexpression von SOX2 therapeutisch zu nutzen um vor allem chronische Wunden zu behandeln.1
Referenz: