Weaning ist das englische Wort für „Entwöhnung“. In der Medizin bezeichnet man damit den Prozess, mit dem invasiv beatmete Patientinnen und Patienten von der maschinellen Beatmung befreit werden. Je nach Ursache und Dauer der Beatmung kann das Weaning unterschiedlich schwierig sein. Auch einige Begleiterkrankungen können das Weaning erschweren.
Speziell geschulte Teams aus unterschiedlichen Fachrichtungen können häufig auch Patientinnen und Patienten von der Beatmung entwöhnen, die als nicht entwöhnbar gelten. Mit PRiVENT möchten wir dazu beitragen, in möglichst vielen Krankenhäusern genau solche Teams zu bilden und zu fördern. Damit mehr Menschen von einer invasiven Beatmung entwöhnt werden können.
Bei einer Beatmung, die mehr als 96 Stunden andauert, wird die Atemmuskulatur zunehmend schwächer. Insbesondere Patienten mit vorbestehenden Erkrankungen der Lunge oder des Atemapperates können in dieser Situation dadurch die Fähigkeit verlieren, eigenständig zu atmen – obwohl sich ihr allgemeiner Gesundheitszustand verbessert. Die Fähigkeit zur selbstständigen Atmung muss dann schrittweise wieder trainiert werden. Dies ist der Prozess des Weanings.
Eine Strategie zur Stärkung der Atemmuskulatur ist die sogenannte „assistierte Spontanatmung“. Anstatt den Betroffenen mit vorgegebener Frequenz zu beatmen, steuert bei dieser Strategie die Einatmung das Beatmungsgerät: Die Patientin oder der Patient muss den Atemzug beginnen und das Gerät unterstützt die Atmung dann mit einem voreingestellten Druck. Das Beatmungsgerät „ergänzt“ sozusagen den Atemzug. Der Druck der maschinellen Beatmung kann langsam verringert werden, sodass die Eigenatmung zunehmend mehr Arbeit leisten muss. Die Atemmuskulatur wird dadurch nach und nach gestärkt.
Eine weitere Möglichkeit des Weanings ist der kontrollierte Wechsel zwischen Beatmung und Eigenatmung. Hier übernimmt die Atemmuskulatur zunächst für kurze Zeit die gesamte Atemarbeit und wird danach durch die Beatmung wieder vollständig entlastet. Die Phasen der Eigenatmung werden nach und nach verlängert, bis die Atemmuskulatur so weit trainiert ist, dass sie die Atmung wieder vollständig übernehmen kann. Voraussetzung für beide Techniken ist, dass eine Spontanatmung vorhanden ist.
Es gibt eine Reihe von Optionen, mit denen Patientinnen und Patienten auf das Weaning vorbereitet und im Verlauf des Weanings unterstützt werden können. Welche Maßnahmen sinnvoll sind, hängt vom individuellen Fall ab und wird am besten in einem interprofessionellen Team besprochen und festgelegt.
Die Maßnahmen reichen von vermeintlich kleinen Bausteinen, wie dem Finden der optimalen Körperposition, bis hin zu gezieltem Atemtraining durch zertifizierte Atmungstherapeuten. Eine sehr große Bedeutung haben außerdem Maßnahmen zur Reduzierung des Sekrets in den Atemwegen. Dazu zählen unter anderem Inhalation und die Unterstützung beim Abhusten oder das Absaugen des Sekrets. Bei einigen Lungenkrankheiten (z. B. COPD) kann es zu einer Überblähung der Lunge kommen, wodurch die Atmung deutlich erschwert wird. Betroffene müssen daher parallel zum Training der Atemmuskulatur Strategien lernen, diese Überblähung „abzuatmen“. Darüber hinaus ist natürlich die Stärkung der Muskulatur ein entscheidender Baustein, um beatmete Menschen von der Maschine zu befreien: Atmungstherapeuten, Pflegekräfte, Logopäden und Physiotherapeuten arbeiten Hand in Hand, um Zwerchfell, Atemmuskulatur und den restlichen Körper zu stärken und zu mobilisieren.
Neben körperlichen Vorbereitungen muss häufig auch die Psyche der Betroffenen unterstützt werden: Das Gefühl, nicht atmen zu können, nicht genug Luft zu bekommen oder sogar zu ersticken, führt zu immensen Angstgefühlen. Vor allem bei Patientinnen und Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen, die bereits Phasen großer Atemnot erlebt haben, kann dies in Panik umschlagen. Die durch Panik ausgelöste Stressreaktion des Körpers wirkt sich jedoch unmittelbar auf die Atmung aus und verschlechtert die Atemfähigkeit. Um den Betroffenen die Ängste zu nehmen braucht es viel Ruhe und Einfühlungsvermögen. In schweren Fällen können entspannende Medikamente gegeben werden, um Angstzustände auf ein erträgliches Maß zu senken.
Für gewöhnlich wird der erste Weaning Versuch durchgeführt, sobald sich der Zustand der Patientin bzw. des Patienten verbessert hat. Nach einer einfachen Operation gibt es meist keine Probleme. Hier beobachten Pflegekräfte und Mediziner auf der Aufwachstation, wann die Operierten wieder vollständig allein atmen.
Für schwierige Fälle gibt es spezielle Weaning-Zentren. Dabei handelt es sich um Kliniken, die sich auf die Beatmungsentwöhnung spezialisiert haben. In ihnen arbeiten Spezialisten aus unterschiedlichen Fachrichtungen eng zusammen, um für jede einzelne Patientin und jeden einzelnen Patienten die optimale Weaning-Strategie zu finden und sie möglichst schnell von der Beatmung zu befreien.
Die Patienten müssen in jeder Phase des Weanings gut überwacht werden, um bei möglichen Komplikationen schnell reagieren zu können. Vor allem die Herzfrequenz und die Sauerstoffsättigung im Blut müssen kontinuierlich kontrolliert werden. Neben Ärztinnen und Ärzten aus den Bereichen der Intensivmedizin und der Pneumologie arbeiten zahlreiche weitere Fachkräfte daran, eine Beatmungsentwöhnung zu erreichen. Dazu zählen die Pflegefachkräfte, sowie Spezialistinnen und Spezialisten aus den Bereichen der Logopädie, Physiotherapie und vor allem der Atmungstherapie.
Eine künstliche Beatmung rettet vielen Menschen das Leben. Sie ist aber auch mit Risiken verbunden. Infektionen der Atemwege und der Lunge sind zum Beispiel häufige Komplikationen bei einer Langzeitbeatmung. Außerdem bedeutet eine Beatmung große Einschränkungen der Selbstständigkeit und der Lebensqualität der Betroffenen. Darum sollte so schnell wie möglich mit dem Weaning begonnen werden. Auch, weil die Entwöhnung mit zunehmender Dauer der Beatmung immer schwieriger wird.
Leider nicht. Ein Teil der Betroffenen kann nicht mehr von der Beatmung entwöhnt werden und ist dauerhaft auf das Beatmungsgerät angewiesen. Durch den Weaning-Prozess kann dann jedoch in vielen Fällen wenigstens eine Verbesserung der Atemfähigkeit erreicht werden. Dadurch kann die künstliche Beatmung auf ein notwendiges Minimum heruntergefahren werden, um den Betroffenen möglichst viel Selbstständigkeit zurückzugeben.
Mit PRiVENT möchten wir die Anzahl der Menschen, die nicht entwöhnt werden können, deutlich verringern. Dazu wollen wir das Weaning insbesondere mit Risikopatienten möglichst früh beginnen und in einem interprofessionellen Team die jeweils beste Behandlungsstrategie ermitteln.
In unserem Downloadbereich können Sie sich gerne die Flyer für Patienten oder Fachkreise herunterladen. Auf der Startseite finden Sie darüber hinaus ein Erklärvideo, das PRiVENT kurz und knapp erklärt. Mehr Informationen zum Projekt PRiVENT und rund um die Themen Beatmung und Beatmungsentwöhnung finden Sie auch in unserem Blog und im PRiVENT-Podcast.