Wegen Schwindelgefühlen und Ohnmacht stellt sich eine Frau in der Klinik vor. Als die Ärzte erfahren, welche NEM sie kombiniert, werden sie stutzig – eine Maßnahme gegen Stress wird lebensbedrohlich.
Pflanzliche Nahrungsergänzungsmittel mögen natürlich sein, aber das bedeutet nicht, dass sie immer sicher sind. Ein neuer Fallbericht, der in Heart Rhythm Case Reports erschien, ist ein Beispiel dafür. Darin wird von einer Patientin berichtet, die nach der Einnahme von CBD- und CBG-haltigem Hanföl und Berberin-Präparaten Schwindel und Ohnmacht verspürte und bei der eine gefährliche Herzrhythmusstörung diagnostiziert wurde.
„Immer mehr Menschen nehmen pflanzliche Nahrungsergänzungsmittel wegen ihrer potenziellen Vorteile ein. Ihr 'natürlicher' Charakter kann jedoch irreführend sein, da diese Präparate allein oder in Kombination mit anderen Nahrungsergänzungsmitteln oder Medikamenten schwerwiegende Nebenwirkungen haben können“, erklärt Dr. Elise Bakelants von der Abteilung für Kardiologie des Universitätsspitals Genf. „Ihre Verwendung sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden und die Dosierungsempfehlungen sollten immer beachtet werden“.
In der Studie wird der Fall einer 56-jährigen Frau untersucht, die in die Notaufnahme eingeliefert wurde, nachdem sie ohne Vorwarnung Schwindelgefühle und Ohnmacht verspürte. Ein EKG zeigte kurze Torsade de pointes, einen schnellen Herzschlag, der von den Herzkammern ausgeht, und ein deutlich verlängertes QT-Intervall: Es wurde eine lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung diagnostiziert.
EKG mit kurzen Torsade-de-pointes-Phasen und einem deutlich verlängerten QT-Intervall. Credit: Heart Rhythm Case ReportsAbgesehen von dem niedrigen Blutdruck blieben die körperliche Untersuchung und die Blutuntersuchung der Patientin ohne besonderen Befund. Vier Monate zuvor hatte sie mit der Einnahme von Hanföl begonnen – leider das sechsfache der empfohlenen Dosis verwendet – und kürzlich auch Berberin dazu genommen. Das Ganze sollte ihr eigentlich helfen, ihren stressigen Alltag zu bewältigen. Alle Nahrungsergänzungsmittel wurden während ihres Krankenhausaufenthalts abgesetzt, was zu einer allmählichen Verkürzung ihres QT-Intervalls führte, bis es sich nach fünf Tagen normalisierte. Bei der Nachuntersuchung drei Monate später berichtete sie über keine neuen Schwindel- oder Ohnmachtsanfälle, und ihr EKG blieb im normalen Bereich. Da es keine anderen ursächlichen Faktoren gab, ist anzunehmen, dass die Einnahme der Nahrungsergänzungsmittel in Zusammenhang mit der Arrhythmie stand.
Die Beliebtheit pflanzlicher Nahrungsergänzungsmittel hat in den letzten Jahren rapide zugenommen – insbesondere derjenigen, die CBD enthalten. Cannabidiol ist rezeptfrei erhältlich und hat nachweislich entzündungshemmende, antiepileptische, analgetische, angstlösende, antipsychotische und immunmodulierende Eigenschaften. Es wird als Rohmaterial oder als gebrauchsfertiges Produkt – zum Beispiel in Kosmetika, Tabakersatzstoffen und Duftölen – angeboten und enthält kein THC, das die psychotrope Wirkung von Cannabis verursacht. Daher unterliegt es nicht der Kontrolle durch die Drogenaufsichtsbehörden.
Berberin, das in den Wurzeln, Rhizomen und Stammrinden vieler Heilpflanzen vorkommt, wird in der traditionellen chinesischen und ayurvedischen Medizin häufig zur Behandlung von Infektionen, Durchfall, Typ-2-Diabetes, hohem Cholesterinspiegel und hohem Blutdruck eingesetzt.
Die Herstellung von pflanzlichen Nahrungsergänzungsmitteln, die weithin als harmlose Naturstoffe angesehen werden, ist weitgehend unreguliert. Die genaue Zusammensetzung kann von einem Anbieter zum anderen stark variieren, und die pharmakodynamischen und pharmakokinetischen Eigenschaften dieser Substanzen sind nicht genau bekannt. Es gibt nur wenige Daten über ihre Wirksamkeit, Toxizität und ihr Potenzial für Wechselwirkungen. Folglich ist es nicht immer möglich, ihre negativen Folgen vorherzusehen.
Dr. Bakelants warnte Patienten und Ärzte, sich über mögliche Nebenwirkungen im Klaren zu sein, die Dosierungsempfehlungen zu beachten und mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten in Betracht zu ziehen. Das gelte insbesondere bei Patienten mit einer zugrunde liegenden Herzerkrankung oder solchen, die bereits QT-verlängernde Medikamente einnehmen.
Dieser Artikel beruht auf einer Pressemitteilung der Elsevier. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: CRYSTALWEED cannabis, unsplash