Die juvenile idiopathische Arthritis ist eine seltene Krankheit, die gar nicht so selten ist. Bestimmte Therapien können bei betroffenen Kindern und Jugendlichen sogar andere seltene Erkrankungen auslösen.
Die juvenile idiopathische Arthritis (JIA) ist eine Gruppe seltener Krankheiten, die sich durch die Entzündung von Gelenken oder von Bindegewebe auszeichnet. JIA kann auch andere Organe oder Bindegewebe in Mitleidenschaft ziehen. Sie ist eine heterogene Gruppe von idiopathischer entzündlicher Arthritis, die Kinder unter 16 Jahren betrifft und sechs Wochen oder länger anhält.
Die Inzidenz der juvenilen idiopathischen Arthritis liegt bei 4–5 Erkrankungen auf 100.000 Kinder. Jedes Jahr werden ca. 750 bis 1.500 Neuerkrankungen beobachtet. Die Prävalenz beträgt 20–30 Fälle pro 100.000 Kinder und Jugendliche.
Die Terminologie der chronischen Arthritis bei Kindern hat sich seit 1995 von juveniler chronischer Arthritis (JCA) und juveniler rheumatoider Arthritis (JRA) zu JIA entwickelt. Laut der Konsensuskonferenz der International League of Associations for Rheumatology (ILAR) im Jahr 2001 gibt es sieben JIA-Kategorien:
Diese Subtypen haben unterschiedliche Phänotypen, genetische Prädispositionen, Pathophysiologie, Laborbefunde, Krankheitsverlauf und Prognose. Obwohl die chronische Arthritis für alle Subtypen obligatorisch ist, charakterisierten die extraartikulären und die systemischen Manifestationen jeden spezifischen Subtyp. Kürzlich wurde eine neue vorläufige datengesteuerte Klassifikation für JIA vorgeschlagen und von der Pediatric Rheumatology International Trial Organization (PRINTO) formell validiert.
Ursache und Auslöser der chronischen Arthritis bei JIA bleiben unklar. Abnormale Immunantworten, die durch die Wechselwirkungen zwischen Umweltfaktoren in einem genetisch anfälligen Individuum ausgelöst werden, sind spekulativ. Einige Umweltfaktoren wie Antibiotika-Exposition und Kaiserschnittgeburten sind potenzielle Risiken; Stillen und Haushaltsgeschwister sind jedoch mögliche Schutzmaßnahmen.
Geschwollene und schmerzende Gelenke sind Kennzeichen vieler rheumatischer Autoimmunerkrankungen. Bei mehreren dieser Krankheiten wurde festgestellt, dass Neutrophile in der Synovialflüssigkeit entzündeter Gelenke einen veränderten Phänotyp und ein verändertes Verhalten aufweisen, was zu lokalen Entzündungen führt. Neutrophile sind nicht nur entzündungsfördernde Mediatoren, sondern auch Immunregulatoren. Wobei eine ihrer immunregulatorischen Wirkungen die Fähigkeit ist, die T-Zell-Proliferation und Zytokinproduktion zu unterdrücken.
T-Zellen spielen eine zentrale Rolle in der Pathogenese der juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA), wobei sich aktivierte T-Zellen in entzündeten Gelenken ansammeln. Die Unterdrückung von T-Zellen durch Neutrophile wurde durch Mechanismen beschrieben, an denen reaktive Sauerstoffspezies (ROS), Arginase-1, direkter Zell-Zell-Kontakt und entzündungshemmende Zytokine beteiligt sind.
Dagegen ist die Rolle von Mikroorganismen wie Parvovirus B19, Epstein-Barr-Virus, Darmbakterien, Chlamydophila pneumoniae und Streptokokken noch nicht eindeutig geklärt.
Steckbrief
Name der Erkrankung
Juvenile Idiopathische Arthritis
Häufigkeit
4–5 /100.000
Gestörte Funktion
Autoimmunerkrankung mit genetischer Dysposition (CD-25-Gen), virale Infektionen, Traumata
Therapie
NSAR
Kortikoide
DMARDs (Biologicals)
Die JIA wird analog zur rheumatoiden Arthritis bei Erwachsenen behandelt. Die Basistherapie besteht aus krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARD), manchmal Kortikosteroide und ggf. nichtsteroidale Antirheumatika zur Symptomlinderung.
Die Behandlung von JIA erfordert entzündungshemmende und immunmodulatorische Medikamente sowie physikalische Therapie. Außerdem können eine Operation, Ernährungsunterstützung und psychosoziale Unterstützung erforderlich sein. Die Wahl der pharmakologischen Behandlung hängt von den Krankheitssubtypen, der Schwere und dem Schaden der Krankheit, der assoziierten Krankheit und der Familienakzeptanz ab. Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAIDs) sind die Hauptstütze der anfänglichen symptomatischen Behandlung für alle Subtypen. Der NSAID-Einsatz bei JIA hat im Laufe der Zeit mit moderner aggressiver Behandlung – einschließlich Methotrexat und Biologika – abgenommen.
Die Physiotherapie betont die Bewegungsfreiheit bei minimaler Belastung der Gelenke – Schwimmen ist oft eine gute Option. Die Patienten sollten an moderaten Fitness-, Flexibilitäts- und Kräftigungsübungen teilnehmen.
Intraartikuläre Kortikosteroidinjektionen (IACIs) sind hauptsächlich bei chronischer rheumatoider Arthritis und Osteoarthritis des Knies anwendbar. Sie können als Initialtherapie, allein oder als Notfalltherapie eingesetzt werden, wenn nichtsteroidale Antirheumatika unwirksam sind.
Die Verwendung von IACIs für JIA ist eine sichere und wirksame Methode zur Behandlung von Synovitis. Sie kann unter örtlicher Betäubung mit oder ohne Sedierung oder unter Vollnarkose durchgeführt werden und ist eine wichtige Behandlungsoption für Kinder mit JIA. Diese Behandlung, der sogenannte „Brückeneffekt“, ist eine Alternative zur Anwendung von systemischen Kortikosteroiden.
Die Leitlinien des American College Rheumatology (ACR) von 2019 empfehlen angesichts der nachgewiesenen Vorteile gegenüber NSAIDs den frühzeitigen Einsatz von konventionellen DMARDs – insbesondere Methotrexat – für die Ersttherapie bei Patienten mit polyartikulärer JIA. Bei Patienten mit mäßiger oder hoher Krankheitsaktivität werden b-DMARDs (Biologicals) als Zweitlinientherapie empfohlen.
Die Einführung von Biologicals vor 20 Jahren hat die Pharmakotherapie der juvenilen idiopathischen Arthritis erheblich verändert. Biologicals gehören zu den erfolgreichsten Innovationen, nicht nur in der Rheumatologie. Neben ihrer starken Wirksamkeit und dem raschen Besserungseintritt bieten Biologicals eine Option zur Prävention von Langzeitschäden und eine realistische Aussicht auf Remission.
Viele pädiatrische rheumatische Erkrankungen können sicher mit Biologicas behandelt werden. Denn schwere allergische Reaktionen auf diese Medikamente sind selten – aber möglich. Das Biological Infliximab kann beispielsweise bei Patienten mit juveniler idiopathischer Arthritis arzneimittelinduzierte Pityriasis lichenoides auslösen, so eine Kasuistik von Boswell et al.
Pityriasis lichenoides chronica (PLC), ist ebenfalls eine seltene Krankheit, die von einem akuten, entzündlichen Ausschlag bis zu einer milden, chronischen Form reichen kann. PLEVA, der akute schwere Subtyp, kann zu erythematösen Flecken führen, die sich zu hämorrhagisch oder verkrusteten Papeln entwickeln.
Es ist bekannt, dass TNF-Blockade Typ-1-Interferone über plasmazytoide dendritische Zellen hochreguliert. Dieses Ungleichgewicht von TNF-α und Typ-1-Interferonen gilt als Ursache der paradoxen Psoriasis, die manchmal bei TNF-α-Hemmern auftritt.
Anakinra wird ebenfalls erfolgreich als Biologikum eingesetzt. Es ist ein biosynthetisches Analogon des IL-1-Rezeptorantagonisten. Es verstärkt seine natürliche herunterregulierende Wirkung, indem es die Bindung der beiden Isoformen von IL-1 an ihren Rezeptor blockiert. Die daraus resultierende Verringerung der proinflammatorischen Signalübertragung ist wirksam bei einer Vielzahl von Krankheiten, bei denen eine Fehlregulation der angeborenen Immunmechanismen zu einer Überproduktion von IL-1 führt – so auch bei der juvenilen Arthritis.
Eine Studie von Fingerhutova´et al. zeigt, dass auch höhere Dosierungen gut vertragen werden. Die Autoren sind der Ansicht, anstatt Anakinra nur nach unzureichendem Ansprechen auf Kortikosteroide einzusetzen, es als Erstlinientherapie zu verschreiben. Darüber hinaus wurde eine höhere als die empfohlene Anakinra-Dosis – die oft erforderlich war, um ein ausreichendes therapeutisches Ansprechen zu erzielen – ohne signifikante Nebenwirkungen gut vertragen. Bei Patienten mit Hyperinflammation kann Anakinra lebensrettend sein und sogar die Vermeidung von Kortikosteroiden ermöglichen.
Insgesamt bestätigen die Ergebnisse einer Studie von Giancane et al. das langfristige Sicherheitsprofil von Anakinra bei Patienten mit sJIA und zeigen, dass die Gesamtinzidenz von Nebenwirkungen im Laufe der Zeit abnimmt. Die Studie hebt auch hervor, dass es keine Hinweise darauf gibt, dass eine Langzeitbehandlung mit Anakinra das Risiko für Makrophage activation Syndrome (MAS) erhöht.
Die aktuelle deutsche Leitlinie bewertet die Therapieoptionen wie folgt:
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