Weltweit sterben viele Menschen aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes – und immer noch ist die Früherkennung schwierig. Mit einer besonderen Methode identifizieren deutsche Wissenschaftler nun neue Biomarker.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind weltweit die häufigste Todesursache und verursachen jährlich etwa 18 Millionen Todesfälle. Menschen mit Typ-2-Diabetes haben ein zwei- bis dreifach erhöhtes Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden – die Zahl der Betroffenen steigt seit Jahrzehnten kontinuierlich an. In Deutschland leben bereits mehr als 8 Millionen Menschen mit Typ-2-Diabetes. Wissenschaftlichen Prognosen zufolge wird sich diese Zahl bis 2040 auf rund 12 Millionen erhöhen. Dementsprechend groß ist der Bedarf, Biomarker zu identifizieren, die die Krankheitsentwicklung frühzeitig anzeigen können, um den Ausbruch der Krankheit zu verhindern oder zumindest abzumildern.
Der Lipidstoffwechsel spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes. Über die molekularen Zusammenhänge ist jedoch wenig bekannt. Mit Hilfe von Lipidomik identifizierte das Team um Dr. Fabian Eichelmann vom DIfE und DZD in ihrer aktuellen Studie diejenigen Lipide, die statistisch mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes assoziiert sind.
Frühere Studien haben gezeigt, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes eng mit dem Fettstoffwechsel verbunden sind. Um diese Zusammenhänge auf molekularer Ebene zu entschlüsseln, setzen Wissenschaftler seit einigen Jahren die Lipidomik-Analyse ein. Dabei handelt es sich um eine moderne Analysemethode, die sehr detaillierte Einblicke in die Fettsäureprofile im Blutplasma ermöglicht.
Dr. Fabian Eichelmann, Forscher in der Abteilung Molekulare Epidemiologie am DIfE und Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD), und sein Team werteten die Fettsäureprofile von 2.414 Blutproben aus der EPIC-Potsdam-Studie aus. Die Proben wurden bereits in den 1990er Jahren gesammelt und stammten zum Teil von Teilnehmern, die in den Folgejahren eine Herz-Kreislauf-Erkrankung oder Typ-2-Diabetes entwickelten. Mithilfe der Hochdurchsatz-Lipidomik identifizierten die Forscher insgesamt 282 verschiedene Lipide, von denen 69 mit mindestens einer der beiden Krankheiten assoziiert waren.
„Eine statistische Assoziation mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen wurde für 49 Lipide gefunden, die hauptsächlich zu den Cholesterinestern und Sphingolipiden gehörten“, so Eichelmann. „Zwölf Lipide wurden mit Typ-2-Diabetes in Verbindung gebracht, die meisten davon waren Glycerin und Phospholipide. Bei 8 Lipiden wurde ein Zusammenhang mit beiden Krankheiten festgestellt, wobei mehrere Monoacylglyceride hervorstachen.“ Auf molekularer Ebene stellten die Forscher fest, dass Lipide mit höherem Risiko meist gesättigte Fettsäuren enthalten, insbesondere Palmitinsäure.
Im zweiten Teil ihrer Untersuchungen wollten die Wissenschaftler herausfinden, ob die risikoassoziierten Lipide durch eine Änderung der Fettsäurezusammensetzung der Nahrung beeinflusst werden können. Eine 16-wöchige Interventionsstudie, die von den Kooperationspartnern an der University of Reading in England durchgeführt wurde, sollte Antworten liefern.
Das Team um Julie Lovegrove rekrutierte 113 gesunde Frauen und Männer im Alter von 21 bis 60 Jahren und teilte sie nach dem Zufallsprinzip in drei Gruppen ein. Die erste Gruppe erhielt eine Diät mit einem erhöhten Anteil an gesättigten Fettsäuren. Die zweite Gruppe erhielt eine Diät mit einem hohen Anteil an einfach ungesättigten Fettsäuren. Und die dritte Gruppe erhielt eine Diät mit einem hohen Anteil an einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Die Diäten wurden so gestaltet, dass die Gesamtenergiezufuhr in allen drei Gruppen gleich war, so dass die Teilnehmer weder zu- noch abnahmen. Zu Beginn der Studie und vier Monate später wurden Blutproben entnommen, damit die Forscher die Fettsäureprofile im Blutplasma der Teilnehmer bestimmen und vergleichen konnten.
„Wir fanden heraus, dass die Ernährung mit einem erhöhten Anteil an ungesättigten Fettsäuren zu einer Verringerung der risikobehafteten Lipide und gleichzeitig zu einem Anstieg der risikoarmen Lipide im Vergleich zu der Ernährung mit einem erhöhten Anteil an gesättigten Fettsäuren führte“, fasst Lovegrove die Ergebnisse zusammen.
Die Ergebnisse unterstützen die allgemeine Empfehlung, dass der Ersatz gesättigter Fettsäuren durch ungesättigte Fettsäuren in der Ernährung ein potenzielles Mittel zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes ist.
„Die identifizierten Lipide könnten als Biomarker für ein erhöhtes Risiko dienen – künftige Modelle zur Risikovorhersage könnten sich auf sie stützen“, sagt Professor Matthias Schulze, Leiter der Abteilung Molekulare Epidemiologie und Studienleiter der EPIC-Potsdam-Studie am DIfE. In einem nächsten Schritt wollen die Forscher einen lipidomischen Fingerabdruck im Blut identifizieren, der die Auswirkungen einer Test-Diät abbildet, und prüfen, ob er mit dem langfristigen Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusammenhängt.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Deutsches Zentrum für Diabetesforschung. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: David Clode, unsplash