Ein Immunprozesses, der Entzündungen im Fettgewebe reguliert, könnte neue Therapieansätze bei Adipositas bieten. Eine aktuelle Studie deckt auf, wie adipöse Immunzellen mit Gewichtszunahme zusammenhängen.
Dass Immunzellen weitaus mehr Aufgaben haben, als Entzündungen zu verursachen und Infektionen zu bekämpfen ist bereits länger bekannt. Entzündungszellen spielen eine wichtige Rolle bei der Regulierung zahlreicher Stoffwechselprozesse. Irische und deutsche Wissenschaftler haben nun herausgefunden, dass Immunzellen im Fettgewebe unter anderem zu einer Gewichtszunahme führen können. Dabei wird durch eine Dysregulation des Gleichgewichts zwischen pro- und antiinflammatorischen Zellen das Fortschreiten einer Fettleibigkeit begünstigt. Der zentrale Fokus, der im Science Translational Medicine veröffentlichten Arbeit ist das immunregulatorische Molekül PD-1.
In ihrer Studie haben Forschungsgruppen der School of Medicine des Trinity College Dublin und des Universitätsklinikum Erlangen die Funktion des Immun-Checkpoints PD-1 (Programmed cell Death protein 1) genauer unter die Lupe genommen. Im Falle einer regulären Immunantwort inaktiviert PD-1, nach Bindung an seinen Liganden PD-L1, T-Zellen und verhindert somit eine überschießende Immunantwort zytotxischer Zellen.
Erstmalig konnten die Forscher nun eine umfassende Studie über die Auswirkungen kleiner Veränderungen dieses Immunprozesses im Fettgewebe veröffentlichen.
Zunächst bewiesen sie, dass eine Expression von PD-L1 einen direkten Einfluss auf die Entwicklung von Fettleibigkeit hat. Zu diesem Zweck verglichen sie den Verlauf der Adipositas bei Wildtyp- und PD-L1-Knockout-Mäusen. Beide Gruppen erhielten eine hoch fettreiche Diät, ein etabliertes Verfahren, um in Mausmodellen Adipositas hervorzurufen. Die aus dem Fettgewebe der nun fettleibigen Mäuse isolierten Makrophagen, CD4+ T-Zellen und insbesondere dendritischen Zellen zeigten eine signifikant erhöhte Expression von PD-L1. Es konnte zudem festgestellt werden, dass PD-L1-Knockout-Mäuse trotz eines vergleichbaren Ausgangsgewichts (23,69 ± 1,00 g und 23,86 ± 0,88 g) nach dem gleichen Zeitraum deutlich fettleibiger waren und zusätzlich eine Insulinresistenz entwickelten.
Zudem war die Anzahl an Immunzellen wie ILC2s, Eosinophilen und Makrophagen bei den Knockout-Mäusen stark verringert. Damit konnten die Wissenschaftler bereits zeigen, dass Veränderungen im PD-1-Weg bei Mäusen mit einer dramatischen Entwicklung von Fettleibigkeit und Diabetes, sowie immunologischen Beeinträchtigungen verbunden waren.
Um herauszufinden, ob ein therapeutisches Eingreifen in den PD-1-Weg die Homöostase des Fettgewebes und die metabolische Gesundheit in ähnlicher Weise beeinflussen könnte, verwendeten die Forscher Immun-Checkpoint-Inhibitoren. Fettleibige Wildtyp-Mäuse wurden mit PD-1-blockierenden, monoklonalen Antikörpern oder Placebo behandelt. Die Mäuse, die alle drei Tage einen blockierenden Antikörper bekamen (insgesamt sechs Dosen) zeigten keine Anzeichen einer systemischen Entzündung oder Nebenwirkungen. Die Anti-PD-L1-Antikörper-Behandlung führte jedoch zu einer signifikanten (P < 0,05) Abnahme der Glukosetoleranz im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle.
Die Forscher deuteten daraus, dass die Blockade von PD-1 zu einer Verschlechterung des Stoffwechsels führte. Außerdem beobachteten sie bei den mit Antikörper-behandelten Mäusen eine zunehmende Gewichtszunahme, ähnlich ihren Ergebnissen bei PD-L1 -Knockout-Tieren. In zukünftigen Experimenten erhoffen sich die Forscher durch eine Regulation in des PD-1-Checkpoints bestimmte Zellpopulationen manipulieren zu können, um der Fettleibigkeit entgegenzusteuern.
Nach den faszinierenden Entdeckungen im Mausmodell interessierte die Forscher, ob PD-1 auch bei der Fettleibigkeit von Menschen relevant ist. Adipositas stellt ein weltweites Gesundheitsrisiko dar, an Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs zu erkranken. Neue Therapien sind erforderlich, um dieses Problem zu bekämpfen.
Daher analysierten die Wissenschaftler die PD-L1-Expression im Fettgewebe von Menschen mit einem schlanken Körperbau (BMI 20 bis 25 kg/m2) und adipösen Menschen (BMI > 30 kg/m2 ). Sie fanden eine signifikant (P < 0,001) erhöhte Expression von PD-L1 im Fettgewebe von Patienten mit Adipositas Grad III (BMI > 40 kg/m 2). Diese Hochregulierung von PD-L1 im menschlichen Fettgewebe korrelierte positiv mit dem BMI. Ein Einfluss auf die Glukosetoleranz im Rahmen eines Diabetes, ähnlich zu den Ergebnissen im Mausmodell, konnte jedoch nicht gezeigt werden. Die Wissenschaftler beobachteten aber eine signifikant (P < 0,001) höhere mRNA-Expression des proinflammatorischen Zytokins TNF in der fettleibigen Kohorte, was die bereits im Mausmodell vermutete immunologische Beeinträchtigung bei Adipositas unterstreicht.
Dieser noch neu erforschte Einfluss immunologischer Prozesse im Fettgewebe bringt das Verständnis darüber voran, wie das Immunsystem mit Gewichtszunahme korelliert und zu Krankheiten wie Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes führen kann. Es wird interessant sein, zu untersuchen, wie diese Prozesse manipuliert werden können, um Menschen mit metabolischen Syndromen zu helfen.
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