Fleischersatzprodukte werden immer beliebter. Dabei geht es um bewusste Ernährung und das Tierwohl. Umweltbewusstsein scheint hingegen kein Grund für vegetarische Alternativen zu sein – das zeigt eine aktuelle Studie.
Menschen, die eine kritische Einstellung zur Massentierhaltung haben oder im Alltag auf ihre Gesundheit achten, greifen eher zu Fleischersatzprodukten. Die Sorge um die Umwelt spielt bei dieser Entscheidung dagegen keine Rolle. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Universität Bonn, an der mehr als 400 Personen zwischen 17 und 86 Jahren teilnahmen. Die Ergebnisse erscheinen in der Fachzeitschrift Food Quality and Preference.
Fleischersatzprodukte sind im Kommen: Fristeten sie früher ein Nischendasein in Reformhäusern oder Bio-Läden, sind Weizen-Salami, Tofu-Schnitzel oder Soja-Hack heute in jedem gut sortierten Supermarkt zu finden. „Wir wollten wissen, aus welchen Gründen Konsumenten zu diesen Alternativen greifen“, erklärt Jeanette Klink-Lehmann, die am Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik der Universität Bonn promoviert.
Für die Analyse wurden 441 Frauen und Männer aus ganz Deutschland befragt. Die Teilnehmer sollten beispielsweise angeben, wie sehr sie auf ihre Gesundheit achten, ob die Menschheit aus ihrer Sicht auf eine ökologische Krise zusteuere und ob die Tierhaltung in der Landwirtschaft ethisch hinterfragt werden müsse. Zudem gaben sie ihre Einstellung zu Fleischersatz-Produkten an sowie ihre Absicht, diese in Zukunft verstärkt zu konsumieren.
„Wir haben nun basierend auf der Erweiterung eines anerkannten Verhaltensmodells die statistischen Beziehungen zwischen diesen Antworten untersucht“, sagt Nick Marcus, Co-Autor der Studie. Dabei stießen die Wissenschaftler auf ein überraschendes Ergebnis: Eine stärkere Sorge um die Umwelt ging weder mit einer besseren Bewertung von Fleischersatz-Produkten einher noch mit einer größeren Absicht, diese zu kaufen. „Wir hatten erwartet, dass für den Umstieg auf Fleisch-Alternativen auch ökologische Aspekte eine Rolle spielen“, erklärt Marcus. „Das hat sich jedoch nicht bestätigt.“
Über die Gründe für die Diskrepanz zwischen dem Umweltbewusstsein der Teilnehmer und ihrem Verhalten können die Forscher nur spekulieren. So stammen die Umfrage-Daten bereits aus dem Jahr 2017 – einer Zeit also, als die „Fridays for Future“-Bewegung noch nicht existierte. „Seitdem steht das Thema Umwelt deutlich stärker auf der Tagesordnung“, betont Klink-Lehmann. „Damit sind heute vermutlich mehr Menschen als noch vor fünf Jahren über die potenziell negativen Umweltauswirkungen des Fleischkonsums informiert.“
Eine große Rolle bei der Konsumentscheidung der Befragten spielten Tierwohl-Bedenken: Wer Massentierhaltung kritisch sieht, hat im Schnitt eine positivere Haltung zu Pflanzen-Wurst und Veggie-Burger. Diese Einstellung wiederum wirkt sich förderlich auf die Absicht aus, künftig eher zu diesen Alternativen zu greifen. Auch ein ausgeprägtes Gesundheitsbewusstsein geht im Schnitt mit einer stärkeren Bereitschaft einher, häufiger pflanzliche Produkte zu konsumieren. Einen erheblichen Einfluss auf diese Entscheidung hat darüber hinaus, wie Freunde und enge Bezugspersonen zu Fleischersatzprodukten stehen.
Die Forscher empfehlen, einerseits die ökologischen Vorteile pflanzlicher Alternativen besser zu kommunizieren. Außerdem solle die Industrie bei der Herstellung ihrer Produkte verstärkt auf eine gesunde und ausgewogene Zusammensetzung achten. Dort, wo bei Fleischersatz tierische Lebensmittel wie etwa Eier genutzt werden, sollten diese zudem von Höfen stammen, die auf eine gute Tierhaltung achten. „Tierwohl und Gesundheit sind den Konsumenten offensichtlich sehr wichtig“, sagt Klink-Lehmann. „Die Hersteller tun also gut daran, diese Aspekte zu berücksichtigen“.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.Bildquelle: Markus Spiske, unsplash