Milchsäure und Tumoren – eine Kombination die schon lange Inhalt vieler Forschungsprojekte ist. In einer aktuellen Studie wird nun klar, welche Rolle Milchsäure bei der Tumorbildung spielt.
Tumor-Metabolismus und die Verfügbarkeit von Nährstoffen sind Angela Riedel zufolge ein großes Thema in der Krebsforschung. In ihrer aktuellen Studie geht es um den Stoffwechsel des Tumors. Krebszellen sind hungrig und benötigen vor allem Glukose und Glutamin, um sich zu teilen und zu wachsen. Bei der Verstoffwechselung von Zucker entsteht Laktat. Der Biochemiker Otto Warburg hatte schon vor hundert Jahren festgestellt, dass Tumore eine hohe Laktatkonzentration aufweisen. Die Milchsäure ist seither Gegenstand zahlreicher Forschungsprojekte.
„Es gibt dazu viele Studien zum Primärtumor, ich habe hingegen ein metastatisches Gewebe untersucht. Mein Interessensgebiet ist der tumor-drainierende Lymphknoten, welcher sehr dicht am Tumor liegt und daher stark beeinflusst wird“, erläutert Angela Riedel. Als Wächterlymphknoten (Sentinel Lymph Node, SLN) filtert er als erster die vom Tumor ausgeschüttete Flüssigkeit.
Eigentlich sollte der Lymphknoten seiner immunologischen Funktion nachkommen und T-Zellen aktivieren. Dass die T-Zellen im Lymphknoten gehemmt sind oder die Interaktion von T-Zellen und antigenpräsentierenden Zellen nicht in dem Ausmaß stattfindet, wie es sein sollte, hat Riedel bereits 2016 in Cambridge herausgefunden.
Warum ist das Filtersystem der Lymphknoten gehemmt? Was hat den Lymphknoten derart reprogrammiert, dass er sogar eine ideale Umgebung für Metastasen bildet? Wenn eine Patientin mit Brustkrebs Metastasen an den Lymphknoten unter den Achseln hat, dann ist die Prognose schlecht, denn dann hat sich der Tumor ausgeweitet. Angela Riedel wollte herauszufinden, wie der Tumor, bevor er den Lymphknoten befällt, diesen beeinflussen kann.
„Dabei habe ich mein Augenmerk auf die Fibroblasten gelegt. Das sind wichtige stromale Zellen, die dem Lymphknoten die Struktur geben, ihn koordinieren und den Kontakt zwischen den dendritischen Zellen und T-Zellen herstellen. Wir haben schließlich gesehen, dass die Milchsäure das Stroma verändert. Die Untersuchungen in vitro konnten wir jetzt in vivo, an Mäusen, bestätigen.“
Die Milchsäure, die der Tumor bei der Glykolyse ausschüttet, blockiert die Immunabwehr. Der Tumor kann also die nachgeschalteten Lymphknoten reprogrammieren. Die Fragen bleiben: Was passiert, wenn die Metastase da ist, wie verhält es sich dann mit der Reprogrammierung? Lässt sich die Milchsäure mit der Gabe von Natriumbicarbonat neutralisieren? In den Versuchen waren die negativen Effektive der Milchsäure zumindest nicht mehr zu sehen, sobald der pH-Wert angehoben wurde. Nun gilt es breitere Analysen, vor allem mit humanen Proben, vorzunehmen.
Mit ihren Untersuchungen unterstreicht Riedel einmal mehr die Bedeutung von Ernährung auf unsere Gesundheit. Ein Übermaß an Zucker und Fett fördert Brustkrebs und die Metastasierung. „Grundsätzlich geht es darum, dem Tumor das Futter wegzunehmen“, bringt es die Wissenschaftlerin auf den Punkt.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Universitätsklinikums Würzburg. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Markus Spiske, unsplash