Wenn Antihypertensiva bei Bluthochdruck nicht ausreichend wirken, kann die renale Denervation auch langfristig Abhilfe schaffen. Das zeigt eine aktuelle Studie.
Für Menschen mit Bluthochdruck, bei denen durch eine medikamentöse Therapie mit Antihypertensiva keine ausreichende Senkung zu erzielen ist, könnte die renale Denervierung eine effektive Zusatztherapie darstellen. Das zeigte eine präspezifizierte Analyse der SPYRAL HTN-ON MED-Studie, welche die Wirkung und die Sicherheit des Verfahrens über insgesamt 36 Monate evaluierte. Die renale Radiofrequenz-Denervierung resultierte additiv zur antihypertensiven Medikation in einer statistisch signifikanten, anhaltenden Blutdrucksenkung.
Die randomisierte, einfach verblindete und durch einen Placeboeingriff kontrollierte Studie schloss Teilnehmer aus 25 Zentren in den USA, Deutschland, Japan, UK, Australien, Österreich und Griechenland ein. Die Patienten hatten eine therapieresistente Hypertonie: Ihre systolischen Werte lagen trotz der Einnahme von bis zu drei Antihypertensiva in der 24-Stunden-Messung zwischen 140 und 170 mm Hg.
Von 467 Patienten erfüllten 80 die Einschlusskriterien. Sie erhielten eine renale Angiografie und wurden zu gleichen Teilen in zwei Gruppen randomisiert und entweder mit einer renalen Radiofrequenz-Denervation (n = 38) oder in der Kontrollgruppe mit einem Schein-Eingriff (n = 42) behandelt. Primärer Endpunkt war der Unterschied im systolischen mittleren 24-Stunden-Blutdruck zwischen beiden Gruppen nach sechs Monaten.
Das Ergebnis des primären Endpunkts wurde bereits 2018 publiziert. Als „Proof of Concept“-Studie wies sie den Erfolg des Verfahrens nach und zeigte ein Absinken des mittleren systolischen 24-Stunden-Blutdrucks in der Denervierungs-Gruppe um 9,3 mm Hg und um 1,6 mm Hg in der Kontrollgruppe (p = 0,0041). Der mittlere diastolische 24-Stunden-Blutdruck sank in der Interventionsgruppe um 6,0 mm Hg und um 1,9 mm Hg in der Kontrollgruppe (p = 0,018). Bislang war aber nicht klar, ob die beobachtete Senkung auch längerfristig anhält oder nicht.Nun wurden aktuell die Langzeitergebnisse auf dem Kongress des American College of Cardiology präsentiert und veröffentlicht. Die Veränderungen im systolischen und diastolischen 24-Stunden-Blutdruck zeigten eine dauerhafte bzw. bis Monat 36 sogar noch weitere Absenkung. Nach 36 Monaten war der mittlere systolische Blutdruck in der Denervierungsgruppe (n = 30) um 18,7±12,4 mm Hg gesunken – gegenüber 8,6±14,6 mm Hg in der Kontrollgruppe (n = 32); der Unterschied von -10 mm Hg war signifikant (p = 0,0039). Auch der mittlere diastolische Blutdruck war signifikant niedriger (-5,9 mm Hg; p = 0,0055). Mit der renalen Denervierung waren in der Studie keine kurz- oder langfristigen Sicherheitsbedenken assoziiert. Auch in der Praxismessung war der Blutdruck in der Interventionsgruppe stärker gesunken als in der Kontrollgruppe (-20,9 mm Hg vs. -12,5 mm Hg).
„Die renale Radiofrequenz-Denervierung resultierte verglichen mit dem Scheineingriff über die gesamte Nachbeobachtungszeit von 36 Monaten in einer statistisch signifikanten, anhaltenden Blutdrucksenkung, sogar bei geringerer Therapietreue im Hinblick auf die blutdrucksenkende Basismedikation“, so fasst Prof. Joachim Weil, Vorstandsmitglied der Deutschen Hochdruckliga, die Ergebnisse zusammen.
Denn ein interessanter Nebenaspekt: 25 der 27 Patienten (93 %) aus der Kontrollgruppe nahmen ihre Medikamente nach 36 Monaten wie verordnet ein, in der Interventionsgruppe waren es nur 24/31 (77 %). „Dieser Unterschied ist deutlich und sollte uns aufhorchen lassen. Bei gleichbleibender Einnahme der Medikamente in der Interventionsgruppe wäre die renale Denervation als ‚add on‘-Therapie womöglich noch erfolgreicher gewesen“, mutmaßt Weil.
Sein Vorstandskollege Prof. Markus van der Giet ergänzt: „Gleichzeitig zeigt genau das auch eine mögliche Schwäche der interventionellen Therapie auf: Sie könnte die Therapietreue der Patienten für die trotzdem erforderliche Medikamenteneinnahme schwächen.“ Die Studie wurde nach 12 Monaten entblindet und Betroffene aus der Kontrollgruppe konnten zu diesem Zeitpunkt in die Interventionsgruppe wechseln. Somit wusste jeder Studienteilnehmer nach Ablauf eines Jahres, ob er der Intervention oder dem Scheineingriff unterzogen worden war. „Die Therapieadhärenz bleibt somit als große Herausforderung in der Bluthochdrucktherapie bestehen“, lautet das Fazit der Experten.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Hochdruckliga. Die Originalpublikation findet ihr hier und im Text.
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