Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung haben Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen eine höhere kardiovaskulär bedingte Sterblichkeit. Eine aktuelle Studie zeigt, dass sich dieser Zusammenhang in den letzten Jahren verstärkt hat.
Frühere Forschungsarbeiten haben eine höhere Inzidenz und Mortalität von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen festgestellt, aber es war nicht bekannt, ob sich dieser Zusammenhang im Laufe der Zeit verändert hat. Eine aktuelle Studie umfasst eine systematische Überprüfung und Meta-Analyse von 108 früheren Studien mit über 30 Millionen Teilnehmern in Ländern mit hohem Einkommen, die bei Beginn der psychiatrischen Erkrankung zwischen 16 und 65 Jahre alt waren. Die Ergebnisse wurden in PLOS Medicine veröffentlicht.
Die Studie ergab, dass die kardiovaskulär bedingte Sterblichkeitsrate bei Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen insgesamt etwa doppelt so hoch ist wie in der Allgemeinbevölkerung. Menschen mit Schizophrenie haben ein höheres Risiko als Menschen mit bipolarer Störung, aber die Ungleichheit gilt für alle Arten schwerer psychischer Erkrankungen und sowohl für die zerebrovaskuläre als auch die kardiale Mortalität.
Bei Menschen mit Schizophrenie lag die gepoolte Hazard Rate für koronare Herzkrankheiten bei 1,8 (95 % CI: 1,44–2,24, p < 0,001) und die gepoolte standardisierte Mortalitätsrate für zerebrovaskuläre Unfälle bei 1,93 (95 % CI: 1,63–2,28, p < 0,001) – im Vergleich zu Kontrollwerten. Sowohl bei der Schizophrenie als auch bei der bipolaren Störung verstärkte sich der Zusammenhang mit der kardiovaskulär bedingten Mortalität zwischen den 1970er und den 2000er Jahren. So betrug die Hazard Rate für die Sterblichkeit an koronarer Herzkrankheit bei Menschen mit Schizophrenie in den 1990er Jahren im Vergleich zu den 1980er Jahren 1,61 (95 % CI: 1,14–2,28, p = 0,014).
Es war nicht möglich, alle möglichen Störfaktoren wie etwa Rauchen und Fettleibigkeit zu berücksichtigen. Die in die Meta-Analyse einbezogenen Studien wiesen auch eine erhebliche Heterogenität auf. Es sind weitere Forschungsarbeiten erforderlich, um die Gründe für das höhere Morbiditätsrisiko zu verstehen und zu evaluieren, warum es sich in den letzten Jahrzehnten möglicherweise verschlechtert hat.
„Das erhöhte relative Risiko einer CVD-Diagnose in den letzten Jahrzehnten könnte auf die Unterschiede in der Raucherprävalenz zwischen Menschen mit SMI und der Allgemeinbevölkerung, oder auf den verstärkten Einsatz von Antipsychotika zurückzuführen sein. Die Veränderungen seit den 1990er Jahren fallen ungefähr mit der Einführung neuerer Antipsychotika der zweiten Generation zusammen, von denen bekannt ist, dass sie schlechtere metabolische Wirkungen haben“, so die Autoren. Amanda Lambert, eine der Studienautoren, fügt hinzu: „Unsere systematische Überprüfung und Meta-Analyse von über 100 Studien hat einen starken Zusammenhang zwischen schweren psychischen Erkrankungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen bestätigt, der sich in den 1990er und 2000er Jahren verstärkt hat.“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung von PLOS Medicine. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Kelly Sikkema, Unsplash