Magersucht in der Schwangerschaft ist kein Einzelfall. Dennoch gibt es bisher wenig Studien oder Behandlungsempfehlungen. Nun wurden die weltweit ersten Richtlinien veröffentlicht.
Eine von 200 schwangeren Frauen leidet unter Anorexia nervosa. Die Essstörung, die in der Regel mit einer verminderten Nahrungsaufnahme oder mit Fressattacken einhergeht, ist nicht nur für die werdende Mutter eine Gefahr, sondern erhöht auch das Risiko einer Früh- oder Totgeburt. Weiterhin zeigen Studien, dass magersüchtige Mütter häufiger untergewichtige Kinder gebähren. Eine unzureichend behandelte Anorexia nervosa in der Schwangerschaft kann weiterhin zu peri- und postnatalen Depressionen und Angstzustände der Betroffenen führen.
Bisher gibt es keine klaren Richtlinien für den Umgang mit der Erkrankung bei schwangeren Patientinnen. „In den Guidelines für die perinatale psychische Gesundheit wird die Bewertung und Behandlung von Essstörungen in der Schwangerschaft nur begrenzt oder gar nicht erwähnt", erklärt Prof. Megan Galbally von der Monash University in Melbourne.
Galbally und ihr Team haben daher die weltweit erste Richtlinie zur Behandlung von Anorexia nervosa in der Schwangerschaft entwickelt. Dies sei vor allem notwenig, da bereits vorhandene Werte und Methoden nicht unmittelbar auf schwangere Patientinnen übertragen werden können: „Es hat sich gezeigt, dass die außerhalb der Schwangerschaft verwendeten Bewertungsmaßstäbe, wie das Eating Disorder Inventory oder der Body-Mass-Index, in der Schwangerschaft nur eine begrenzte Aussagekraft haben. Es liegt daher auf der Hand, dass die Bewertung und Überwachung von Maßnahmen für Anorexia nervosa im Kontext der Schwangerschaft modifiziert werden müssen", erläutert Galbally. Dies gelte vor allem wegen der erheblichen physiologischen, psychologischen und sozialen Veränderungen während der Schwangerschaft.
Die Guideline beschäftigt sich vor allem mit der vorgeburtlichen Ernährung der Mutter, der Gewichtszunahme während der Schwangerschaft und mit dem Geburtsgewicht des Kindes als kritische Risikofaktoren und wichtige Interventionspunkte. Den Studienautoren zufolge beeinflusst Anorexia nervosa durch die geringe Kalorienzufuhr sowie den Nährstoff- und Vitaminmangel direkt die Funktion der Plazenta und somit auch die Geburt.
„Die Behandlung von Anorexia nervosa erfordert einen multidisziplinären Teamansatz mit Fachwissen in den Bereichen psychische Gesundheit, medizinische Versorgung und Diätetik", so die Studienautoren. Daher sollten Geburtshelfer, Ärzte mit Schwangerschaftsexpertise und Diätassistenten, die sich mit den Ernährungsbedürfnissen in der Schwangerschaft auskennen, sich gegenseitig unterstützen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Monash University Melbourne. Die Originalpublikation findet ihr hier.
Bildquelle: Janko Ferlič, unsplash.