Wissenschaftler haben nun HNO-Krebs im Mikromillieu untersucht. Dabei haben sie nicht nur eine Kartierung von Zellen rund um Tumoren erfasst, sondern einen potenziell neuen Ansatz für Checkpoint-Inhibitoren entdeckt.
Krebs der Schleimhäute im HNO-Bereich – also in Mundhöhle, Rachen oder Kehlkopf – ist die sechsthäufigste Tumorerkrankung. Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen (UDE) haben nun mithilfe einer neuen Technik HNO-Plattenepithelkarzinome untersucht, um das Milieu im Tumor besser zu verstehen. Sie möchten so Ursachen für die Krebsentstehung klären und bessere Früherkennungs- und Behandlungsmethoden entwickeln. Ihre Erkenntnisse sind in Nature Communications veröffentlicht.
„Wir haben einzelne Zellen rund um Tumoren im Kopf-Hals-Bereich detailliert untersucht und daraus eine Art Atlas zusammengestellt“, erklärt Erstautor Cornelius Kürten, Clinician Scientist und Assistenzarzt der Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und Kopf- und Halschirurgie. Mithilfe der sogenannten Einzelzell-RNA-Sequenzierung haben die Wissenschaftler zusammen mit Kooperationspartnern des UPMC Hillman Cancer Center in Pittsburgh festgestellt, welche Gene in den einzelnen Zellen aktiv sind. Diese neuartige Methode aus dem Bereich „big data“ ermöglicht es, das Tumormilieu gleichzeitig breit und detailliert zu charakterisieren: Es wurden mehr als 1.000 Gene pro Zelle in über 130.000 Zellen analysiert.
Diese Daten erlauben es, das komplexe Zusammenspiel zwischen Immunzellen, Zellen des Stromas und Tumorzellen nachzuvollziehen. So dienen die Daten auch als Basis für Forscher weltweit, um ihre jeweils eigenen Hypothesen zu testen.
Die Forschungsteams aus Essen und Pittsburgh haben bereits vorgelegt: Sie fanden heraus, dass „heiße“ Tumoren nicht nur mehr Immunzellen haben als „kalte“ Tumoren, sondern die Immunzellen sich auch in ihrer Qualität unterschieden. Sie sind in heißen Tumoren aktiver und angriffslustiger und verbessern vermutlich die Prognose.
Ein weiterer Aspekt betrifft die Checkpoint-Rezeptoren, die bei einer Immuntherapie medikamentös blockiert werden, um die Zerstörung des Tumors zu fördern. Möglicherweise liegen sie nicht wie bislang vermutet hauptsächlich auf den Tumorzellen, sondern auf Makrophagen, die im Körper infizierte oder sterbende Zellen abbauen. „Wenn sich diese Hinweise bestätigen, könnte die Behandlung speziell auf die Makrophagen fokussiert und individualisiert werden“, so Prof. Stephan Lang, Co-Autor der Studie und Direktor der Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und Kopf- und Halschirurgie. „Durch diese sehr detaillierte Charakterisierung aller Zellen des Tumors wollen wir weitere biologische Erkenntnisse gewinnen und außerdem Ansätze für neue Therapien oder Biomarker finden.“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen. Die Originalpublikation findet ihr hier und im Text.
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