Eine Knie-Arthrose ist schmerzhaft und die geringe Auswahl an Therapien frustriert Patienten. Ein alternativer Ansatz ist die Behandlung mit gepulstem Ultraschall. Wie es um die Evidenz der Methode steht, erfahrt ihr hier.
Leidet ein Patient unter Arthrose und fragt nach geeigneten Behandlungen, dann bleibt Ärzten oft bloß der Verweis auf Bewegungstherapien und Schmerzmittel. Denn nur für wenige Maßnahmen konnte durch aussagekräftige Studien nachgewiesen werden, dass sie das Fortschreiten einer Arthrose verlangsamen oder die Beschwerden lindern können. Als letzter Schritt bleibt dann oft allein die Endoprothese. Logisch, dass sich viele Patienten nach zusätzlichen Maßnahmen umschauen und auf diese oft viel Hoffnung setzen. Eine davon ist die Ultraschalltherapie – aber was kann sie wirklich?
Bei der Arthrose-Therapie mit gepulstem Ultraschall (pulsed low-intensity ultrasonography, PLIUS) behandeln Patienten sich selbst zu Hause mit einem mobilen Gerät. Durch die niederenergetischen Schallwellen sollen Schmerzen gelindert und verlorener Knorpel regeneriert werden. Die Behandlung gilt außerdem als sanft und nebenwirkungsfrei – aber ist ihre Wirkung überhaupt nachweisbar?
Die Studienlage zum Einsatz bei Kniegelenksarthrose ist durchwachsen. Für Arthrosen in anderen Gelenken ist die Datenlage noch dünner. Labor- und Tierstudien weisen darauf hin, dass sich die Schallwellen positiv auf Gelenkknorpel auswirken könnten. Auch eine kleinere prospektive Studie (O Draper et al.) lieferte 2018 positive Ergebnisse, die aber bisher nicht reproduziert werden konnten. Letztendlich gibt es kaum Evidenz für eine Wirkung der Behandlung mit Ultraschallwellen bei dieser Indikation.
Eine aktuelle Phase-IIa-Studie, die in JAMA Network Open veröffentlicht wurde, hat die Ultraschall-Therapie bei Patienten mit Kniegelenksarthrose jetzt erneut unter die Lupe genommen – und liefert ernüchternde Ergebnisse.
In der randomisierten, doppelblinden, Sham-kontrollierten Studie führten die Patienten ihre 48-wöchige Behandlung selbstständig durch. Täglich applizierten sie die Schallwellen für 20 Minuten an dem betroffenen Gelenk. Verwendet wurden portable Geräte (Sonic Accelerated Fracture Healing System; Bioventus LLC), welche bei den Patienten der Sham-Kontrolle keine Ultraschallwellen absonderten. Befragungen und Messungen fanden in Woche 2, 4, 8, 12, 24, 36 und 48 statt.
Primäre Endpunkte der Studie waren verbesserte Symptomatik sowie ein sichtbar reduzierter Verlust des Gelenkknorpels. Die klinische Symptomatik wurde mithilfe der OMERACT-OARSI-Kriterien (Outcome Measures in Rheumatoid Arthritis Clinical Trials der Osteoarthritis Research Society International) bewertet, welche auf VAS-Schmerz- und Funktionsskalen beruhen. Die Gelenkknorpel-Dicke wurde zu Beginn und nach 48 Wochen mittels MRT gemessen. Weiterhin erfassten die Wissenschaftler bei den Teilnehmern Schmerz, Beweglichkeit und Funktion des Gelenks und bestimmten den Gehalt einiger Biomarker, die auf einen Knorpelzerfall hindeuten.
132 Teilnehmer konnten in die Erhebung eingeschlossen werden, 23 von ihnen beendeten die Studie jedoch etwas vor dem veranschlagten Zeitraum. Die Kohorte bestand aus 119 Männern (90,2 %) und 13 Frauen (9,8 %) mit einem mittleren Alter von 63,6 Jahren (SD = 10,7). Im Mittel litten die Teilnehmer seit 13,4 Jahren (SD = 12,3) an Symptomen ihrer Kniearthrose. 15 Patienten ließen sich KLG (Kellgren-Lawrence-Score) Arthrosegrad 1 zuordnen, 51 Teilnehmer Grad 2 und 66 Teilnehmer Grad 3.
Das Ergebnis: Bei 70,4 % der behandelten Patienten zeigte sich eine symptomatische Verbesserung nach OMERACT-OARSI-Kriterien (95 % CI 58,2–82,6), aber auch in der Sham-Gruppe war dies bei 67 % der Teilnehmer der Fall (95 % CI 54, –79,7). Der sich daraus ergebende Unterschied von 3,1 % (95 % CI -14,3–20,5) erreichte somit nicht die angesetzte Schwelle von mindestens 10 %. Betrachtet man die Knorpeldicke, so schnitten beide Gruppen nach 48 Wochen ähnlich schlecht ab: Unter den mit Ultraschall behandelten Teilnehmern kam es sogar zu einem größeren Knorpel-Schwund als in der Sham-Gruppe (-73,8 vs -42,2 μm), mit einem mittleren Unterschied von 31,7 μm (95 % CI -129,0–65,7).
Auch ein Blick auf die sekundären Endpunkte der Studie – wie Schmerz, Gelenksteife, Funktionseinschränkungen oder Marker, die einen Knorpelverlust abbilden –, ergab keinen Vorteil der Ultraschall-Therapie für die Betroffenen. Obwohl bei den meisten Werten Veränderungen zwischen Ausgangswert und dem Messwert nach 48 Wochen festgestellt wurden, gab es bei keinem der Ergebnisse statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen.
Für die Studie sind auch ein paar Limitationen zu betrachten. „Der große Placebo-Effekt, der mit den von Patienten als auch von Ärzten angegebenen subjektiven Messwerten in randomisierten klinischen Studien zur Arthrose in Verbindung gebracht wird, wurde berücksichtigt und stellt eine große Einschränkung dar“, schreiben die Autoren in ihrer Conclusio.
Auch eine korrekte Positionierung des Geräts am Gelenk konnte durch das häusliche Setting nicht sichergestellt werden. Darüber hinaus basierte die Anwendung und Einstellung der PLIUS-Geräte vor allem auf dem erfolgreichen Einsatz der Methode für die Indikation Frakturheilung. Es sei jedoch zu erwarten, so die Autoren, dass die optimalen Ultraschalleinstellungen für eine Knorpelregeneration erheblich von denen abweichen könnten, die bei der Frakturheilung wirksam seien.
Trotz der ernüchternden Ergebnisse setzen sich die Wissenschaftler „angesichts der dokumentierten anabolen Wirkungen von PLIUS auf die Knorpelmatrix in vitro sowie in präklinischen Tierstudien und des derzeitigen Mangels an effektiven Therapeutika“ nach wie vor für die Durchführung weiterer Untersuchungen ein. Ob ein wirklicher Therapieeffekt im klinischen Setting noch nachgewiesen werden kann, bleibt abzuwarten.
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