Wenige Wochen ist es her, seit ein Fälschungsskandal die Pharmabranche erschüttert hat. Statt auf eine lückenlose Überwachung durch staatliche Behörden zu setzen, stecken Politiker den Kopf in den Sand und nehmen Firmen in die Pflicht. Ob die Taktik aufgeht, bleibt zweifelhaft.
Viel Stress mit Generika: Der Vorwurf französischer Behörden lautet, GVK Biosciences hätte als Forschungsdienstleister etliche Zulassungsstudien gefälscht. Mitte Januar ruhten Zulassungen bei 53 Medikamenten – Ende 2014 waren es noch 80. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte aktualisiert entsprechende Informationen regelmäßig. Bei Apothekern bleibt dennoch ein großes Fragezeichen. Grund genug für die Grünen, behördliche Kontrollen im In- und Ausland zu fordern. Sie versuchten, Details mit der Bundesregierung zu klären – ohne Erfolg.
Eine Kleine Anfrage der Partei beantwortete Ingrid Fischbach (CDU). Die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium bewertet Inspektionen wie durch die französische Arzneimittelbehörde lediglich als „flankierende Instrumente“. Sie nimmt jedoch Sponsoren pharmazeutischer Studien und wissenschaftliche Dienstleister stärker in die Pflicht, selbst für Qualitätsstandards zu sorgen. Dazu sagte Kordula Schulz-Asche von den Grünen, die Bundesregierung dürfe ihre Verantwortung für den Schutz von Studienteilnehmern nicht auf die Industrie abwälzen. Regierungsvertreter bewerten Datenmanipulationen als „einen bislang seltenen Einzelfall“ – wenn auch mit immenser Tragweite.
Zahlen zeigen das Ausmaß: Jetzt hat die europäische Zulassungsbehörde EMA wie geplant eine Stellungnahme zum Fälschungsskandal abgegeben. Experten haben etwa 1.000 Dossiers überprüft. Sie empfehlen, bei rund 750 Produkten aus sämtlichen EU-Märkten die Zulassung auf Eis zu legen. In diesen Fällen habe es EMA-Angaben zufolge Verstöße gegen Grundsätze der Good Clinical Practice gegeben. Andererseits fanden sie in 300 Fällen Daten aus weiteren Studien, um auf eine Marktrücknahme zu verzichten. Ob Patienten tatsächlich gesundheitliche Risiken drohen, konnten Arzneimittelfachleute der Behörde nicht sagen. Auch sie fordern von Firmen, selbst aktiv zu werden.
Falls Konzerne Hinweise auf illegale Handlungen bei wissenschaftlichen Dienstleistern bekommen, greifen juristisch gesehen mehrere Tatbestände. Das beginnt mit Betrugsdelikten gemäß §§ 263 f. des Strafgesetzbuchs (StGB). Hinzu kommen Urkundenfälschungen gemäß §§ 267 ff StGB. Auch das Arzneimittelgesetz (AMG), § 96, greift, da Zulassungen mit fehlerhaften Unterlagen beantragt wurden. Weitere Strafen richten sich nach Art und Schwere möglicher Schäden an Patienten. Angesichts dieser Rahmenbedingungen sieht die Regierung keine Lücken bei der Strafbarkeit entsprechender Verstöße.