Ärzte der Uni Heidelberg haben erstmals eine erfolgreiche medikamentöse Behandlung bei einem Kind, das unter AADC-Mangel leidet, durchgeführt. Eine Zulassung für das Gentherapeutikum wird dieses Jahr erwartet.
Weltweit sind rund 250 Kinder von der angeborenen und sehr seltenen Stoffwechselstörung AADC (Aromatischer L-Aminosäure-Decarboxylase)-Mangel betroffen. Bei der Erkrankung ist die Bildung wichtiger Neurotransmitter gestört. Dies beeinträchtigt die Weiterleitung von Signalen aus dem Gehirn und führt zu Entwicklungs- und Bewegungsstörungen, die mit der Parkinsonkrankheit vergleichbar sind. Der AADC-Mangel wird daher zum frühkindlichen Parkinsonismus gezählt. Für Betroffene bedeutet die Erkrankung lebenslange Pflegebedürftigkeit oder sogar ein frühzeitiger Tod im Kindesalter.
Bisherige Behandlungsoptionen der Krankheit waren unbefriedigend und wenig erfolgreich. Nun steht erstmal eine Therapiemöglichkeit in Aussicht, die direkt an der verursachenden genetischen Veränderung angreift: Studien aus Taiwan zeigten bereits, dass eine Gentherapie die Situation der Kinder verbessern kann. Dabei wird eine funktionsfähige Version des veränderten Gens in das Gehirn geschleust, das daraufhin die benötigten Botenstoffe für die Signalweitergabe selbst herstellen kann. „Mit der Gentherapie besteht erstmals die Chance, die Ursache der Erkrankung zu beseitigen und nicht nur, wie bisher, die Symptome zu lindern“, sagt Prof. Thomas Opladen von der Uni Heidelberg.
Opladen und sein Team haben nun erstmal eine Patientin in Deutschland – ein dreijähriges Mädchen – mit einer solchen Gentherapie behandelt. Ein komplexer Eingriff am Gehirn, da das Medikament direkt in das Bewegungszentrum injiziert werden muss. „Diese hoch-präzise Operation im Gehirn setzt große Expertise und technische Ausstattung wie ein intraoperatives MRT voraus. Solche Behandlungen können daher nur in spezialisierten und qualifizierten Therapiezentren durch ein multiprofessionelles Team erfolgen“, erläutert Neurochirurg Prof. Karl Kiening.
Die Ärzte berichteten, dass es dem Kind ein halbes Jahr nach dem Eingriff am Gehirn gut gehe und seine motorische Entwicklung sich deutlich verbessert haben. Bereits drei Monate nach dem Eingriff zeigte das Kind klinisch-relevante Fortschritte in der motorischen Entwicklung. Sie begann Arme und Beine zu bewegen und die Kopfhaltung zu kontrollieren. Sie ist inzwischen zufriedener, schläft besser und ist weniger durch schmerzhafte Muskelkrämpfe beeinträchtigt.
Die Heidelberger Ärzte hoffen nun, die Wirksamkeit der Gentherapie zukünftig mit einer frühen Diagnose und Behandlung vor Einsetzen der Komplikationen verstärken zu können. Die europäische Marktzulassung für das verwendete Medikament mit dem Wirkstoffnamen Eladocagene exuparvovec wird noch dieses Jahr erwartet. Weiterhin wurde unter der Leitung von Prof. Opladen für diese seltenen Erkrankungen ein internationales Netzwerk gegründet und ein Patientenregister aufgebaut, um Diagnose und Therapie dieser seltenen Erkrankungsgruppe durch Forschung zu verbessern.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Universitätsklinikums Heidelberg. Die Originalpublikation findest du hier.
Bildquelle: Ian Stauffer, unsplash.