Über Tröpfcheninfektion werden Influenzaviren von Patient zu Patient übertragen. Umweltmediziner zeigten jetzt, dass schon beim Atmen virusbeladene Tröpfchen in die Luft gelangen. Kleinere infektiöse Partikel sind stabiler als bisher angenommen.
Langsam aber sicher erhöht sich in Deutschland wie jedes Jahr die Aktivität respiratorischer Erkrankungen. In der dritten Meldewoche 2018 wurden bislang 4.291 labordiagnostisch bestätigte Influenzafälle an das Robert Koch-Institut (RKI) übermittelt. Heilberufler raten Risikopatienten, sich impfen zu lassen. Gegen Schmierinfektionen ist eine konsequente Händehygiene, insbesondere die Händedesinfektion, von Bedeutung. Beim Husten oder Niesen entstehen Tröpfchen mit einer Partikelgröße von mehr als 5 μm. Diese gelangen über kurze Distanzen auf die Schleimhaut anderer Menschen. Neue Daten bestätigen allerdings, dass Infektionen über Aerosole eine größere Rolle spielen als angenommen.
Donald K. Milton, Forscher an der University of Maryland, untersuchte 142 Patienten mit labordiagnostisch bestätigter Influenza-Infektion. Seine Studienteilnehmer sollten normal atmen, sprechen, husten und niesen. Bei allen Vorgängen untersuchte er die Infektiosität natürlich vorkommenden Influenza-Aerosole. Die Messungen wurden jeweils am ersten, zweiten und dritten Tag nach Beginn der Symptome wiederholt. Überraschenderweise enthielten 11 aller 23 Aerosolproben, die Milton ohne Husten oder Niesen seiner Teilnehmer genommen hatte, virale RNA. In acht davon konnten infektiöse Viren nachgewiesen werden. „Die Ergebnisse unserer Studie legen nahe, dass die Reinigung von Oberflächen, das Waschen unserer Hände und das Vermeiden von Husten keinen vollständigen Schutz vor Grippe-Infektionen bieten“, sagt Coautorin Sheryl Ehrman von der San José State University in Kalifornien. Sie rät Risikopatienten deshalb, besser öffentliche Räume zu meiden.
Aus physikalischer Sicht ist das Phänomen nicht weiter überraschend. Aerosolpartikel mit einem Durchmesser von weniger als 5 µm können aufgrund ihrer geringen Größe auch lange Zeit in der Luft schweben und damit auch über große Distanzen verbreitet werden. Größere Partikel mit einem Durchmesser von mehr als 5 µm schaffen es nur wenige Meter weit. Drei Meter gelten als recht wahrscheinliche Grenze. Danach sinken sie ab und werden zerstört. Bewegen sich andere Menschen innerhalb dieses Bereichs, kommt es zur bekannten Tröpfcheninfektion.
Diese Unterschiede könnten sich in der Praxis bezahlt machen. Milton und Ehrman wollen ihre experimentellen Erkenntnisse nutzen, um mathematische Modelle für das Risiko einer Übertragung durch die Luft zu entwickeln. Vielleicht gelingt es durch bessere Lüftungssysteme, Risiken in Büros, in Schulen oder in Zügen zu minimieren. Nicht zuletzt weisen beide Forscher darauf hin, dass Impfen schon heute eine große Zahl an schweren Influenza-Infektionen verhindern könnte.