Forscher haben große Hoffnungen in Makrophagen als lebendes Arzneimittel. Bislang konnten sie jedoch nicht in Zellkulturen vermehrt werden – wie sich das durch eine neue Studie ändert, lest ihr hier.
Makrophagen sind Immunzellen, die in jedem Organ unseres Körpers vorkommen. Dabei erfüllen sie eine wichtige Pflegefunktion für das umliegende Gewebe. Sie versorgen die Zellen mit Wachstumsfaktoren und entfernen schädliche Substanzen wie Bakterien, Zelltrümmer und sogar Tumorzellen. Daher sieht die Wissenschaft Makrophagen als potenzielle neue lebende Therapeutika zur Heilung geschädigter Organe sowie zur Bekämpfung von Infektionen und Krebs. Um dies zu erreichen, müssen die Zellen jedoch außerhalb des Körpers in großer Zahl vermehrt werden. Bislang war dies bei Makrophagen schwierig. Darüber hinaus gab es ernsthafte Bedenken, dass sie unter Laborbedingungen ihre besonderen Fähigkeiten verlieren könnten.
Wissenschaftler am Zentrum für Regenerative Therapien Dresden der TU Dresden und dem Center of Immunology Marseille Luminy untersuchten Lungenmakrophagen bei Mäusen. Dem Team gelang es in ihrer Studie, die Zellen unter Laborbedingungen über mehrere Monate und in großer Zahl zu vermehren. Obwohl ihr Aussehen und ihre allgemeinen Eigenschaften gleichblieben, hatten sie bei näherer Betrachtung aber viele Eigenschaften verändert, um sich an die Kulturbedingungen im Labor anzupassen.
„Jede Zelle in unserem Körper hat den gleichen Satz von Genen, aber die Zellen unterscheiden sich darin, welche Gene eingeschaltet und welche ausgeschaltet sind. Man kann sich das wie einen molekularen Fingerabdruck der Zelle vorstellen – eine einzigartige Kombination von eingeschalteten Genen, die z. B. einen Lungenmakrophagen von einem Darmmakrophagen und einer Gehirnzelle unterscheiden“, sagt Sethuraman Subramanian, Erstautor der Studie.
Die Forschenden haben das Genexpressionsmuster der im Labor gezüchteten Zellen mit den entsprechenden Zellen aus der Lunge verglichen und dabei erhebliche Unterschiede festgestellt. „Dies war zu erwarten. Die Frage, die uns wirklich interessierte, war jedoch, ob diese Veränderungen umkehrbar sind“, erklärt Prof. Sieweke.
Das Team transferierte die im Labor gezüchteten Makrophagen zurück in ihre natürliche Umgebung in der Mauslunge. Detaillierte Vergleiche zeigten, dass die im Labor gezüchteten Zellen nicht von ihren Äquivalenten, die die Lunge nie verlassen hatten, zu unterscheiden waren. „Wir waren sehr überrascht zu sehen, dass die großen Anpassungen an die Kulturbedingungen im Labor, die die Makrophagen vorgenommen hatten, sich als vollständig reversibel erwiesen. Die Makrophagen hatten ihre Laborerfahrung vollkommen ‚vergessen‘ und nahmen ihre normale Funktion und ihre normale Genaktivität in der Lunge vollständig wieder auf, ohne Beeinträchtigung oder Erinnerung an den vorherigen Kulturschock“, sagt Clara Busch, ebenfalls Erstautorin der Studie.
Obwohl die Forschung an Mäusen durchgeführt wurde, eröffnet sie vielversprechende Aussichten für Therapien beim Menschen. Die Fähigkeit, Makrophagen zwischen Zellkulturen und ihrer natürlichen Umgebung zu transferieren, hat großes Potenzial für künftige makrophagenbasierte Zelltherapien. Lungenmakrophagen könnten im ersten Schritt im Labor vermehrt und experimentell auf die Bekämpfung bestimmter Krankheiten zugeschnitten werden und dann in die Lunge des Patienten gebracht werden, wo sie sofort ihre Funktion erfüllen können. Ein solches System könnte zur Behandlung von Krebs, fibrotischen Erkrankungen oder Infektionen in der Lunge wie bei COVID-19 eingesetzt werden. Mittelfristig könnte dies auch für andere Organe möglich sein.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Technischen Universität Dresden. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: National Cancer Institute, unsplash