Entzündlich-pathologische Prozesse im Körper zu reduzieren – das ist eines der größten Anliegen, wenn es um Prävention und Therapie von Autoimmunerkrankungen geht. Ein neuer Ansatz nimmt TH17-Zellen in den Fokus.
Wer über einen langen Zeitraum im Übermaß Zucker und andere Kohlenhydrate zu sich nimmt, hat ein erhöhtes Risiko, eine Autoimmunkrankheit zu entwickeln. Bei den Betroffenen greift das Immunsystem das körpereigene Gewebe oder die Organe an; die Folge sind beispielsweise chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, Typ-1-Diabetes sowie chronische Entzündungen der Schilddrüse. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Cell Metabolism veröffentlicht.
Die Prozesse, die in diesen Fällen auf molekularer Ebene ablaufen, sind vielschichtig und äußerst komplex. Jetzt ist es Wissenschaftlern der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) gelungen, neue Details zu entschlüsseln. Ihre Arbeiten weisen darauf hin, dass ein übermäßiger Konsum von Kohlenhydraten direkt die krankmachenden Funktionen bestimmter Zellen des Immunsystems begünstigt. Eine kalorienreduzierte Ernährung hingegen kann sich günstig auf die Immunerkrankungen auswirken. Zudem schlagen die Forscher einen neuen Therapieansatz vor: Eine spezifische Blockade bestimmter Stoffwechselprozesse in den Immunzellen könnte die überschießende Immunreaktionen unterdrücken.
„Immunzellen benötigen große Mengen an Zucker in Form von Glukose, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Mithilfe spezialisierter Transporter in ihrer Zellmembran können sie diese aus der Umgebung aufnehmen“, erklärt Studienleiter Dr. Martin Väth. Gemeinsam mit seinem Team konnte Väth jetzt zeigen, dass GLUT3 in T-Zellen – neben der Energiegewinnung aus Zucker – weitere Funktion für den Stoffwechsel erfüllt.
In ihrer Studie haben sich die Wissenschaftler auf eine Gruppe von Zellen des Immunsystems konzentriert, die noch nicht allzu lange bekannt ist: Th17-Lymphozyten. Von ihnen wird vermutet, dass sie eine wichtige Rolle bei der Regulierung von Entzündungsvorgängen spielen. „Diese Th17-Zellen tragen jede Menge GLUT3-Proteine auf ihrer Zelloberfläche“, erklärt Väth. Aufgenommene Glukose wandeln sie dann in den Mitochondrien zu Zitronensäure um. Diese wird anschließend im Zellplasma zu Acetyl-Coenzym A umgewandelt, das unter anderem als Ausgangsstoff für die Synthese von Fettstoffen benötigt wird.
Azetyl-CoA übernimmt in Th17-Zellen aber noch mehr Aufgaben. Die Forscher stellten fest, dass dieses Stoffwechselprodukt auch die Aktivität verschiedener Genabschnitte im Zellkern regeln kann. Auf diese Weise nimmt es dort direkten Einfluss auf die Aktivität entzündungsfördernder Gene.
Die neuen Erkenntnisse eröffnen neue Ansatzpunkte für eine zielgerichtete Therapie bei Autoimmunerkrankungen. Beispielsweise könne die Blockade der GLUT3-abhängien Synthese von Acetyl-CoA durch das Nahrungsergänzungsmittel Hydroxycitrat, das zur Behandlung von Übergewicht eingesetzt wird, die krankmachenden Funktionen von Th17-Zellen verhindern und dadurch entzündlich-pathologische Prozesse im Körper reduzieren. Diese metabolische Umprogrammierung von T-Zellen sei ein neuer und spezifischer Angriffspunkt für die Therapie von Autoimmunerkrankungen, ohne dabei das Immunsystem komplett ausschalten zu müssen.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Charité Berlin. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
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