Die Themen Darm und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen sind für die Betroffenen oft schambehaftet. Doch der offene Austausch zwischen Behandler*innen und Betroffenen ist wichtig, insbesondere wenn krankheitsbedingte Begleiterscheinungen wie perianale Fisteln auftreten. Deshalb haben wir fünf Fragen und Antworten zusammengetragen, um Ihnen und Ihren Patient*innen die Diagnose Crohn-assoziierte perianale Fisteln (CPAF) vorzustellen und das offene Gespräch zu erleichtern.
Unter Fisteln versteht man nicht-natürliche Verbindungen zwischen einem Hohlorgan und einem anderen Organ oder der Körperoberfläche. Sie können in Folge akuter oder chronischer Entzündungen entstehen, um Entzündungsprodukte wie Eiter abzutransportieren.1
Perianale Fisteln betreffen die Region des Enddarms bzw. Analkanals und treten häufig als Komplikation des Morbus Crohn auf.1 Neben der eigentlichen chronisch entzündlichen Darmerkrankung bedeuten sie eine zusätzliche Belastung für die Patient*innen und können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.2 Perianale Fisteln führen meist zu Schmerzen und können unkontrolliert Flüssigkeit, Eiter oder Stuhl sezernieren.3 Für die Betroffenen ist das Thema deshalb oftmals schambehaftet. Daneben werden Wut, Trauer und auch Ekel als vorherrschende Emotionen beschrieben.2 Deshalb ist es wichtig, dass Ärzt*innen dem Thema mit Offenheit begegnen, auf Fragen eingehen und die individuelle Therapieplanung mit ihren Patient*innen gemeinsam vornehmen.
Perianale Fisteln sind der häufigste Typ mit 54–65 % aller Crohn-Fisteln.4,5 Bei Morbus Crohn handelt es sich um eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung, die den gesamten Gastrointestinaltrakt betreffen kann und unter anderem durch abdominale Schmerzen, Fieber und häufige Durchfälle gekennzeichnet ist.6 Bei ca. 10 % der Betroffenen gehören die Fisteln bereits zur Erstmanifestation. Bei ca. 30 % der Morbus-Crohn-Patient*innen treten sie innerhalb der ersten zwei Dekaden nach Diagnose auf.4,7–10 Es gibt jedoch auch idiopathische Fistelerkrankungen, die in der Regel einfacher zu behandeln sind und schneller abheilen.1
Die Pathophysiologie ist noch nicht abschließend geklärt. Man geht jedoch davon aus, dass eine Umwandlung von Epithelzellen zu Mesenchymzellen eine entscheidende Rolle spielt. Unter physiologischen Bedingungen dient diese Umwandlung der Wundheilung, in der chronischen Entzündungssituation beim Morbus Crohn wird die Ausheilung dadurch jedoch behindert. Denn die Transitionszellen können in tiefere Gewebeschichten einwandern und dabei Fistelgänge ausbilden.1
Zunächst sollte die Analregion visuell und manuell untersucht werden, um die Anzahl und Lokalisation der Fistelöffnungen zu bestimmen. So lässt sich weiterhin feststellen, ob es sich um sezernierende Fisteln handelt oder ob Verdacht auf einen Abszess besteht. Mittels Endoskopie können zudem das Ausmaß der Crohn-Entzündung im Rektum und die internen Fistelöffnungen, sowie eventuelle Stenosen des Analkanals bestimmt werden. Im Idealfall wird die Diagnose durch bildgebende Verfahren wie eine MRT abgerundet, welche einen umfassenden Überblick über die Gesamtsituation bietet.1
Perianale Crohn-Fisteln können sich teilweise stark voneinander unterscheiden. Deshalb werden Klassifikationen genutzt, um die verschiedenen Arten einzuordnen. Die Klassifikation nach Parks teilt die Fisteln beispielsweise anhand ihrer Lage zu den Schließmuskeln z. B. in die Kategorien inter-, trans-, supra- und extrasphinktär ein.11 Eine weitere anerkannte Klassifikation ist die der American Gastroenterology Association (AGA). Dabei werden einfache und komplexe Fisteln unterschieden. Zusätzlich zur Anatomie des Fistelgangs spielen dabei noch die Anzahl der externen Öffnungen, die Präsenz von Abzessen und/oder einer Proktitis sowie die weitere Organbeteiligung eine Rolle.3 Bis zu 80 % der perianalen Fisteln bei Morbus Crohn sind komplexe Fisteln im Sinne der AGA-Klassifikation.3,5,12
Es gibt eine Reihe unterschiedlicher Behandlungsoptionen, die nach der Diagnose und umfassenden Untersuchung individuell abgewogen werden müssen. Je nach Entzündungsstatus des Rektums ist zum Beispiel zunächst eine antientzündliche Therapie des Morbus Crohn von Bedeutung. Diese konventionelle Therapie kann bereits zu einem Rückgang der perianalen Fisteln führen.1 Oftmals erfolgt zusätzlich eine Faden- oder Seton-Einlage, um den Sekretabfluss zu gewährleisten. Weiterhin stehen je nach Ausmaß und Lokalisation der Fisteln verschiedene chirurgische Interventionen zur Verfügung. Eine weitere Option kann die lokale Injektion von Stammzellen sein.1
Wichtig ist letztlich insbesondere die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Gastroenterologie und anderen Disziplinen, wie etwa der koloproktischen Chirurgie, um Ihren Patient*innen ein ganzheitliches Therapiekonzept zu ermöglichen.
Das Thema perianale Fisteln ist für viele Betroffene immer noch ein Tabuthema. Deshalb ist es wichtig einem Gespräch offen zu begegnen und Patient*innen ausreichend Informationen zu perianalen Fisteln bereit zu stellen – z.B. in Form eines Erklärvideos. Wissenswertes für Fachkreise rund um die Indikation und Behandlung Crohn-assoziierter perianaler Fisteln finden Sie hier. Außerdem erhalten Sie auf diesem Kanal regelmäßige Update zu Studiendaten, Kongressen und hilfreichen Tipps für Ihren Praxisalltag.
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