Chirurgen die sich gut verstehen, können besser zusammenarbeiten – soweit logisch. Dass eine bestimmte Emotion aber negative Auswirkungen haben kann, bestätigt jetzt eine Studie.
Chirurgen operieren gemeinsam dann am schnellsten, wenn sie eine geringe zwischenmenschliche Anspannung erleben. Das bestätigt jetzt eine Studie der Universität Witten/Herdecke in Zusammenarbeit mit der University of Toronto, der Business School INSEAD und der Hochschule Hannover. Andere zwischenmenschliche Emotionen wie Entspanntheit, Nervosität oder Trägheit spielen keine wesentliche Rolle. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Academy of Management Discoveries veröffentlicht.
Die Studie des Teams um Prof. Hendrik Wilhelm untersuchte den Zusammenhang verschiedener zwischenmenschlicher Emotionen, die die Operateure in ihrer Zusammenarbeit erleben und der Zeit, die sie zur Durchführung der Operation benötigen. Die Forscher bestätigen, dass von allen untersuchten Emotionen nur zwischenmenschliche Anspannung Einfluss auf die Dauer der Operation nimmt. Andere negative oder positive Emotionen hatten keinen vergleichbaren Effekt. Prof. Wilhelm erklärt den Zusammenhang so: „Bei Operationen ist zwischenmenschliche Anspannung anscheinend besonders problematisch, denn bei einem chirurgischen Eingriff kommt es auf die Feinabstimmung zwischen den Operateuren an. Wir haben herausgefunden, dass Anspannung diese Abstimmung erschwert. Die Chirurgen sind dann zurückhaltender in ihrer Kommunikation und dann dauert der Eingriff länger.“
Studien zu den konkreten Emotionen, die zwischen zwei Individuen entstehen und deren gemeinsame Leistung beeinflussen, gibt es bislang kaum. Viele Studien untersuchen entweder Emotionen, die Individuen ohne Bezug auf konkrete andere Menschen erleben oder zu emotionalen Klimata in Gruppen. „Das Neue an unserer Studie ist, dass wir konkrete zwischenmenschliche Emotionen mit gemeinsamer Leistung zusammenbringen“, erklärt Prof. Wilhelm.
Laut den Wissenschaftlern können diese Ergebnisse auch auf andere Arbeitskontexte in denen zwei Personen eine genau vorgegebene Aufgabe gemeinsam bearbeiten übertragen werden, z.B. Pilot und Co-Pilot, Koch und Sous-Chef oder CEO und COO. Die Studie zeigt, dass bei solchen Aufgaben vor allem die Reduktion zwischenmenschlicher Anspannung im Zentrum stehen sollte. Um dieses Ziel zu erreichen sollten Personen zusammenarbeiten, die in der Vergangenheit bereits mindestens ein einziges Mal — häufiger ist das nicht notwendig — durch eine sehr gute gemeinsame Leistung aufgefallen sind. „Es ist also nicht notwendig, nach Personen zu suchen, die durchweg zusammen Spitzenleistungen erbracht haben“, resümiert Prof. Wilhelm.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Universität Witten/Herdecke. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: JAFAR AHMED, unsplash