Risikoangepasste Screening-Schemata sollen die Früherkennung von Prostatakarzinomen effektiver machen. Die weltweit erste Studie dazu untersucht die Bedeutung des PSA-Werts und den besten Zeitpunkt für Screenings.
Prostatakrebs ist bei Männern die häufigste Krebserkrankung und die zweithäufigste Krebstodesursache. Doch bis heute fehlt eine allgemein anerkannte und wirksame Vorsorgestrategie für die Erkrankung. Ein populationsbezogenes PSA-Screening, das für alle Männer einer Altersgruppe die gleichen Testintervalle vorsieht, führt häufig zu falsch-positiven Befunden oder Überdiagnosen. Beides ist psychisch sehr belastend und kann unnötige Diagnostik oder Therapien nach sich ziehen. Als vielversprechende Alternative dazu gelten Screening-Schemata, die sich am persönlichen Erkrankungsrisiko orientieren.
„Wir wissen aus vielen Untersuchungen, dass ein Basiswert des prostataspezifischen Antigens (PSA), der im Alter von 45 bis 50 Jahren ermittelt wird, hohe Vorhersagekraft hat, ob bei einem Mann Jahrzehnte später ein Prostatakarzinom diagnostiziert wird“, sagt Peter Albers, Abteilungsleiter am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und Leiter der Urologie am Universitätsklinikum Düsseldorf. „Mit PROBASE wollen wir vor allem herausfinden, welches das optimale Alter für die Bestimmung des PSA-Basiswerts ist – 45 oder 50 Jahre. Außerdem soll die Studie zeigen, ob der verzögerte Beginn des Screenings die Rate an unnötiger Diagnostik und Therapie zukünftig spürbar reduzieren kann.“
Inzwischen wurden die Daten der ersten Screeningrunde von PROBASE publiziert. Die Studie wird seit März 2022 vom DKFZ koordiniert, Studienleiter ist Albers. In den vier Studienzentren Düsseldorf, Heidelberg, Hannover und München wurden von 2014 bis 2019 insgesamt 46.642 Männer im Alter von 45 Jahren rekrutiert.
Bei der einen Hälfte der Studienteilnehmer, dem Studienarm A, wurde der PSA-Wert gleich bei der Rekrutierung bestimmt. Anhand dieses PSA-Basistests wurden sie in Gruppen mit niedrigem (< 1,5 ng/ml Blut), mittlerem (1,5–2,99 ng/ml) oder hohem (≥ 3 ng/ml) Risiko eingeteilt. Bestätigte sich ein hoher PSA-Wert von ≥ 3 ng/ml bei einer wiederholten Untersuchung, wurde den Teilnehmern zur weiterführenden Diagnostik eine Prostatabiopsie unter MRT-Kontrolle empfohlen. Für Männer, deren Basis-PSA-Werte im niedrigen oder mittleren Bereich lagen, sind Wiederholungen des PSA-Tests im Abstand von fünf bzw. zwei Jahren vorgesehen. Den Männern im Studienarm B wurde eine Tastuntersuchung der Prostata angeboten, die Bestimmung ihres PSA-Basiswerts erfolgt dagegen erst, wenn die Teilnehmer ein Alter von 50 Jahren erreicht haben.
Im Studienarm A fielen nach Bestätigung des Testergebnisses nur 0,8 Prozent der Teilnehmer (186 Männer) in die hohe Risikokategorie. 120 dieser Männer entschieden sich zur weiteren Abklärung für eine Prostatabiopsie. Dabei wurden 48 Prostatakarzinome entdeckt, darunter nur vier Tumoren mit höherem Aggressivitätsgrad, was 0,02 Prozent aller Studienteilnehmer entspricht. Im Studienarm B wurden bei der rektalen Tastuntersuchung insgesamt nur bei zwei Männern Prostatakarzinome gefunden. Die Tastuntersuchung im Alter von 45 Jahren entspricht dem derzeitigen Vorsorgeangebot der gesetzlichen Krankenkassen. Die Ergebnisse belegen nun nach Ansicht der Ärzte erneut, dass diese Untersuchung für eine wirksame Früherkennung nicht geeignet ist.
„Besonders interessante Ergebnisse erwarten wir, wenn auch die Teilnehmer des Studienarms B im Alter von 50 Jahren die Risikostratifizierung durchlaufen. Dann können wir vergleichen, in welchem Alter wie viele Tumoren in welchen Stadien aufgespürt werden und daraus ableiten, ob es sinnvoll ist, den Beginn des Screenings nach hinten zu verschieben“, erklärt Rudolf Kaaks vom DKFZ, der die epidemiologische Auswertung der Studie leitet. „Diese Daten werden voraussichtlich 2025 vorliegen“, schätzt der Epidemiologe.
PROBASE soll voraussichtlich bis 2035 laufen. Dann kann entschieden werden, ob das Stratifizierungsschema geeignet ist, die Mehrheit der aggressiven Prostatatumoren in einem frühen, heilbaren Stadium zu entdecken und dabei gleichzeitig die mit einem populationsbasierten Screening verbundene Überdiagnostik zu reduzieren.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Andrés Canchón, Unsplash