Die Blockade des Entzündungsproteins Plasmakallikrein unter Zuhilfenahme eines Antikörpers verringerte im Mausmodell die Folgeschäden nach einem Schlaganfall drastisch. Auch ein verzögerter Miteinbezug des Antikörpers zeigte Wirkung.
Der Sauerstoffmangel im Gehirn ist nur ein Aspekt von vielen, die bei einem Schlaganfall auftreten. Eine gefürchtete Begleiterscheinung sind beispielsweise Entzündungsprozesse im Gehirn und Wassereinlagerungen in das Nervengewebe, die sogenannte Hirnödembildung. Weil das Gehirn von dem starren Schädelknochen umschlossen ist, baut sich dann ein Überdruck im Schädelinneren auf, der anfangs gesundes Hirngewebe ebenfalls in Mitleidenschaft zieht. „Ein Schlaganfall besitzt viele Facetten. Genau das macht seine Behandlung so schwer; schließlich können die meisten Medikamente nur an einer Schlüsselstelle angreifen“, sagt Professor Christoph Kleinschnitz, Leiter der Schlaganfallstation der Neurologischen Universitätsklinik Würzburg. Dieser Mangel an wirksamen Medikamenten könnte vielleicht schon bald Geschichte sein, hofft der Neurologe. Kleinschnitz und seinem Team ist es gelungen, ein spezielles Entzündungsprotein zu blockieren und somit die Folgen eines Schlaganfalls spürbar zu verringern. Unterstützt wurden sie dabei von dem Würzburger Biomediziner Professor Bernhard Nieswandt und Neurologen der Universität Münster.
„Schon seit Längerem war bekannt, dass das Entzündungsprotein Plasmakallikrein das Nervengewebe nach einem Schlaganfall auf mehreren Wegen schädigt“, erklärt Kleinschnitz. So trage das Protein zum einen dazu bei, dass weitere Blutgerinnsel im Gehirn entstehen. Zum anderen fördere es die Entzündung und auch das Hirnödem. Im ersten Schritt haben die Wissenschaftler deshalb mit Mäusen gearbeitet, denen das Gen für Plasmakallikrein fehlt. Die Tiere entwickelten drastisch kleinere Schlaganfälle und zeigten weniger neurologische Ausfallerscheinungen. „Diese Beobachtung war zwar vielversprechend, aber für den Einsatz am Patienten erstmal nicht relevant. Wir mussten daher einen Weg finden, um Plasmakallikrein auch pharmakologisch zu blockieren“ erklärt Dr. Eva Göb, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe Kleinschnitz.
Aus diesem Grund haben die Würzburger Forscher einen Antikörper verwendet, der die Wirkung von Plasmakallikrein im Blut der Mäuse aufhebt. Wie sie zeigen konnten, führte auch dieser Weg dazu, dass die Folgen eines Schlaganfalls drastisch abgemildert wurden. „Das Interessante dabei ist, dass der Antikörper selbst dann noch wirksam war, wenn er den Tieren mit einer zeitlichen Verzögerung von drei Stunden nach Schlaganfallbeginn injiziert wurde. Somit könnte man den Antikörper vielleicht bei Schlaganfallpatienten einsetzen, die die Klinik erst spät erreichen“ sagt Kleinschnitz. Bis es soweit ist, sind jedoch noch weitere Untersuchungen und Sicherheitstest nötig. Originalpublikation: Blocking of plasma kallikrein ameliorates stroke by reducing thromboinflammation Eva Göb et al.; Annals of Neurology, doi: 10.1002/ana.24380; 2015