Herzmuskelentzündung nach COVID-19-Impfung – wohl eine der bekanntesten Impffolgen. Aber ist das Risiko dafür wirklich höher als bei anderen Impfungen?
Das Gesamtrisiko einer Myokarditis nach einer COVID-19-Impfung ist sehr gering. Eine neue Studie bestätigt nun, dass das Risiko nach einer Corona-Impfung vergleichbar oder sogar geringer ist, als bei anderen Impfstoffen. Dazu untersuchten die Forscher internationale Datenbanken mit mehr als 400 Millionen Impfdosen, um das Risiko einer Myokarditis nach einer Impfung gegen COVID-19 und gegen andere Krankheiten – wie Influenza und Pocken – zu vergleichen. Sie fanden dabei keinen statistisch signifikanten Unterschied. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift The Lancet Respiratory Medicine veröffentlicht.
„Unsere Untersuchungen deuten darauf hin, dass sich das Gesamtrisiko einer Myokarditis bei dieser neu zugelassenen Gruppe von Impfstoffen gegen COVID-19 nicht von Impfstoffen gegen andere Krankheiten zu unterscheiden scheint. Das Risiko solcher seltenen Ereignisse sollte gegen das Risiko einer infektionsbedingten Myokarditis abgewogen werden, und diese Ergebnisse sollten das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Sicherheit von COVID-19-Impfungen stärken“, so Dr. Kollengode Ramanathan, Herzintensivmediziner am National University Hospital Singapur, und korrespondierender Autor.
Myokarditis kann in einigen Fällen zu schweren dauerhaften Herzschäden führen. Sie wird am häufigsten durch Viren verursacht, kann aber in seltenen Fällen auch nach einer Impfung auftreten. Es gibt einige Berichte über Myokarditis nach mRNA-basierten COVID-19-Impfungen – insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Mit dieser Studie sollte nun festgestellt werden, ob der Anstieg der Meldungen auf eine tatsächliche Zunahme der Inzidenz, oder auf verbesserte Meldesysteme zurückzuführen ist.
Die Forscher analysierten mehr als 20 Studien aus internationalen Datenbanken, die aus über 70 Jahren Daten zur Myokarditis nach Impfungen sammelten. Davon befassten sich 11 Studien speziell mit COVID-19-Impfungen und umfassten mehr als 395 Millionen Covid-Impfstoffdosen, von denen fast 300 Millionen mRNA-Impfstoffe waren. Die übrigen Studien bezogen sich auf andere Impfungen wie Pocken (2,9 Millionen Dosen), Grippe (1,5 Millionen Dosen) und weitere Impfungen (5,5 Millionen Dosen).
Die Rate der Myokarditis nach einer COVID-19-Impfung betrug 18 Fälle pro Million Dosen. Bei allen anderen Virusimpfungen zusammengenommen lag die Myokarditis-Rate hingegen bei 56 Fällen pro Million Dosen.
Bei den COVID-19-Impfungen war das Myokarditis-Risiko bei Personen, die mRNA-Impfstoffe erhielten, höher (22,6 Fälle pro Million Dosen) als bei Personen, die keine mRNA-Impfstoffe erhielten (7,9 Fälle pro Million Dosen). Die gemeldeten Fälle waren auch bei Personen unter 30 Jahren (40,9 Fälle pro Million Dosen), bei Männern (23 Fälle pro Million Dosen) und nach der zweiten Dosis des COVID-19-Impfstoffs (31,1 Fälle pro Million Dosen) höher.
Um die Ergebnisse in einen Zusammenhang mit dem Risiko einer Myokarditis nach einer COVID-19-Infektion zu bringen, führten die Autoren eine zusätzliche Analyse durch. Von 2,5 Millionen Patienten, die mit COVID-19 ins Krankenhaus eingeliefert wurden – von denen viele einen klinischen oder radiologischen Verdacht auf Myokarditis hatten – erkrankten 1,1 % an Myokarditis. Diese Zahlen bieten zwar einen Bezugsrahmen, die Autoren weisen jedoch darauf hin, dass die Ergebnisse aufgrund unterschiedlicher Maßeinheiten nicht direkt mit der Zahl der Myokarditis-Fälle nach der COVID-19-Impfung vergleichbar sind.
„Das Auftreten von Myokarditis nach einer Nicht-COVID-19-Impfung könnte darauf hindeuten, dass sie eine Nebenwirkung der durch eine Impfung ausgelösten Entzündungsprozesse ist – und nicht nur bei den SARS-CoV-2-Spike-Proteinen in den COVID-19-Impfstoffen oder bei einer Infektion auftritt“, sagt Dr. Jyoti Somani, Fachärztin für Infektionskrankheiten und Mitautorin. „Das unterstreicht auch, dass die Risiken solcher seltenen unerwünschten Ereignisse durch die Vorteile der Impfung aufgewogen werden sollten, zu denen ein geringeres Risiko für Infektionen, Krankenhausaufenthalte, schwere Erkrankungen und Tod durch COVID-19 gehört.“
Die Autoren räumen einige Einschränkungen bei dieser Studie ein. Insbesondere betonen sie, dass die Ergebnisse nur einen kleinen Teil der Kinder unter 12 Jahren einschließen, die erst vor kurzem geimpft werden konnten – und dass die Ergebnisse der Studie nicht auf diese Altersgruppe verallgemeinert werden können. Darüber hinaus wurden Vergleiche über verschiedene Zeiträume und für verschiedene Impfstoffe angestellt. Die Diagnoseinstrumente könnten unterschiedlich gewesen sein oder schlicht nicht zur Verfügung gestanden haben, was zu einer geringeren Meldung von Fällen in früheren Studien geführt haben könnte.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der National University of Singapore. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Jeremy Bezanger, unsplash