Zur topischen Behandlung der aktinischen Keratose gibt es nun einen neuen Kandidaten. Der Mikrotubuli-Inhibitor Tirbanibulin kommt im Salben-Sachet und zeigt gute Wirkung – doch es gibt einiges zu beachten.
Die aktinische Keratose wird auch solare oder – weniger schmeichelhaft – senile Keratose genannt, denn sie tritt vermehrt im höheren Lebensalter auf. Je nachdem, wie häufig man sich in seinem Leben der Sonne intensiv ausgesetzt hat, steigt auch das Risiko, zu erkranken. Die aktinische Keratose ist eine der am häufigsten vorkommenden Keratosen und die häufigste prämaligne Keratose der weißen Bevölkerung. Daher kommen viele Patienten in die Apotheke um sich beraten zu lassen.
In Deutschland befinden sich zurzeit etwa 1,7 Millionen Menschen in der Behandlung, um das epitheliale Carcinoma in situ in Schach zu halten, bevor es sich nach seiner Latenzzeit zu einem lokal invasiven Tumor entwickelt, der metastasieren kann. Vor etwa einem halben Jahr kam hier eine neue Therapiemöglichkeit auf dem deutschen Markt ins Spiel, der Wirkstoff Tirbanibulin.
Wenn die betroffenen Stellen nicht chirurgisch behandelt werden, stehen verschiedene Topika zur Verfügung, die in der aktuellen S3-Leitlinie genannt werden:
Hier reiht sich nun seit September der Wirkstoff Tirbanibulin ein, der dem Patienten als Salben-Sachet (Klisyri®) zur Verfügung steht. Die Salbe ist angezeigt für die Feldtherapie nicht hyperkeratotischer und nicht hypertropher aktinischer Keratosen (Grad I nach Olsen) im Gesicht oder auf der Kopfhaut bei Erwachsenen. Sie wird an fünf aufeinanderfolgenden Tagen einmal täglich zur gleichen Uhrzeit auf die betroffenen Hautstellen aufgetragen, die zuvor mit Wasser und einer milden Seife gereinigt und trockengetupft wurden. Dabei darf das Behandlungsareal eine Fläche von 25 cm² nicht überschreiten. Überprüfen kann man den Erfolg der Behandlung bereits nach 8 Wochen. Das hat, im Gegensatz zu den älteren Therapiemöglichkeiten, deutliche Vorteile bei der Compliance und der Adhärenz.
Tirbanibulin wirkt antiproliferativ und verursacht kaum kosmetisch störende Nebenwirkungen wie Verfärbungen oder eine starke Rötung der behandelten Hautfläche, was ebenfalls zur Compliance beiträgt. Der Wirkstoff wird zu den Mikrotubuli-Inhibitoren gezählt und gehört damit zu einer ganz neuen Substanzklasse. Er hemmt die Tubulin-Polymerisation durch seine selektive α- und β-Tubulin-Bindung. Das unterbricht den Zellzyklus und führt so zum Zelltod. Auch der Src-Tyrosinkinase-Signalweg wird durch Tirbanibulin gehemmt.
Wichtig bei der Beratung ist es, den Patienten darauf hinzuweisen, dass es sich um ein stark wirksames Medikament handelt und die behandelte Haut von anderen Menschen oder Haustieren für etwa 8 Stunden nach dem Auftragen der Salbe nicht berührt werden darf. Sollte das doch passieren, sollte der Kontaktbereich sofort mit Seife abgewaschen werden. Klares Wasser genügt bei einer Salbengrundlage nicht und perlt einfach ab. Auch darf die Salbe nicht in das Innere der Nase und der Ohren oder auf die Lippen gelangen. Daher ist der Anwender darauf hinzuweisen, seine Hände nach der Anwendung gründlich zu reinigen, oder zum Auftragen einen Fingerling zu verwenden.
Auch sollte man den Patienten erklären, dass angebrochene Salben-Sachets nach der Anwendung auf jeden Fall im Restmüll zu entsorgen sind. Viele Patienten – gerade die älteren – empfinden es als Verschwendung, Reste zu verwerfen und heben sich angebrochene Sachets zur Verwendung am nächsten Tag auf. Hier muss ganz klar gemacht werden, dass das nicht passieren sollte.
Was die Effektivität der Behandlung angeht, werden verschiedene Studien genannt, die gute Ergebnisse zeigen. Poolt man die Daten zweier aktueller Studien, lässt sich feststellen, dass nach 57 Tagen bei 49 % der Verum-Patienten eine komplette Abheilung aller Keratosen festgestellt werden konnte, während es bei der Kontrollgruppe nur 9 % waren. Die Behandlung wurde von keinem der Studienteilnehmer wegen unerwünschter Effekte abgebrochen.
Ein Zusatznutzen im Vergleich zur Therapie mit Diclofenac-Natrium 3 % in Hyaluronsäure 2,5 % oder 5-Fluoruracil 0,5 % ließ sich allerdings bislang nicht herleiten. Grundsätzlich lässt sich übrigens beim Vergleich von Diclofenac-Natrium 3 % in Hyaluronsäure 2,5 % und 5-Fluoruracil 0,5 % ein Vorteil bei der Wirksamkeit für 5-Fluoruacil feststellen. Auch wenn die kurze Therapiedauer und die einfache Anwendung Vorteile haben, besonders langanhaltend sind die Erfolge leider bislang nicht, die sich mit der neuen Therapie einstellen. In der Nachbeobachtungszeit von einem Jahr trat bei 73 % der 204 Patienten mit vollständiger Abheilung ein Rezidiv auf.
Die beste Möglichkeit, eine aktinische Keratose gar nicht erst entstehen zu lassen, ist ein besonders guter Sonnenschutz bei Patienten, die für die Erkrankung prädestiniert sind. Es bleibt weiterhin eine wichtige Beratungstätigkeit in der Apotheke, gerade ältere Männer mit Glatze oder lichtem Haupthaar darauf hinzuweisen, dass sie ihre Haut effektiv schützen sollten.
Bildquelle: Valeria Smirnova, Unsplash