Was tut sich in der Welt der Nerds? Diese Woche präsentieren wir euch: Eine Herzdiagnose per Stimmanalyse, eine Zwillingsstudie zu Immundefekten und einen Tentakel-Roboter für die Erkundung der tiefsten Tiefen der Lunge.
Die Stimme verrät uns viel über andere Meschen. Aber auch seinen kardiovaskulären Gesundheitszustand? Eine Studie der Mayo Clinic, USA, liefert entsprechende Hinweise: Mithilfe eines KI-basierten Algorithmus konnte anhand von Stimmaufnahmen die Wahrscheinlichkeit für Probleme im Zusammenhang mit einer koronaren Herzkrankheit vorhergesagt werden. Vorgestellt wurden die Studienergebnisse auf der 71. Jahrestagung des American College of Cardiology.
Für die Studie wurden 108 Patienten rekrutiert, die für eine Koronarangiografie vorstellig wurden, und gebeten, drei 30-sekündige Stimmproben aufzunehmen. Diese wurden dann von einem Algorithmus analysiert, welcher in früheren Studien anhand von über 10.000 Stimmproben trainiert wurde. Sechs für das menschliche Ohr nicht identifizierbare Merkmale konnten ausgemacht werden, die mit dem Auftreten einer KHK korrelierten. Anhand dieser wurde in der aktuellen Studie nun ein Score mit Werten zwischen -1 und 1 berechnet; ein höherer Wert bedeutete ein höheres Risiko für den Patienten.
Und tatsächlich beobachteten die Forscher, dass in den folgenden zwei Jahren fast 60 % derjenigen, die einen hohen Wert bekommen hatten, wegen Brustschmerzen das Krankenhaus aufsuchten oder ein akutes Koronarsyndrom erlitten – gegenüber nur 30 % bei Patienten mit niedrigem Score. Es ergab sich für die Gruppe mit hohem Score also ein HR von 2.61 (95 % CI, 1,42–4,80). Für den sekundären Endpunkt – das Vorliegen eines positiven Belastungstests oder Diagnose einer koronaren Herzkrankheit bei Folgeuntersuchung – war die Trefferquote noch höher (HR: 3,13; 95 % CI, 1,13–8,68).
Warum Stimme und kardiovaskuläre Gesundheit zusammenhängen ist unklar, aber die Forscher spekulieren, dass eine Verbindung durch das autonome Nervensystem vorliegt. Reif für den klinischen Einsatz ist das Tool noch nicht; weitere Tests zur Übertragbarkeit auf andere Patientenpopulationen sind erforderlich. Die Studienautoren betonen, dass die Sprachanalyse-Technologie Ärzte und bestehende Screeningmethoden nicht ersetzen können, aber sie könnte künftig eine Ergänzung darstellen.
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Es ist ein medizinisches Rätsel: Obwohl eineiige Zwillinge ein identisches Genom haben, kann es vorkommen, dass einer eine Immunstörung hat – der andere aber nicht. Woran liegt das? Mit dieser Frage beschäftigte sich ein Team aus britischen und spanischen Forschern.
In ihrer Studie untersuchten sie ein Zwillingspaar, bei dem eines der Geschwister am variablen Immundefektsyndrom (CVID) leidet. Bei CVID handelt es sich um eine Reihe von primären Immunstörungen aufgrund verminderter Immunglobulinsynthese. Aufgrund von Defekten der B-Zellen ist der Antikörperspiegel der Betroffenen erniedrigt und dementsprechend sind sie anfällig für anhaltende und wiederholte Infektionen. In etwa 20 % der Fälle geht die Krankheit auf einen Gendefekt zurück – in den restlichen Fällen ist die Ursache allerdings weitgehend ungeklärt und andere Faktoren, wie die DNA-Methylierung, müssen eine Rolle spielen.
Tatsächlich konnte in der Analyse der Zelldaten der Zwillinge nun herausgefunden werden, dass der Zwilling mit CVID nicht nur weniger B-Zellen hatte; die B-Zell-Defekte führten bei ihm auch zu epigenetischen Problemen mit der DNA-Methylierung, der Zugänglichkeit des Chromatins und auch zu Transkriptionsdefekten. Nicht nur das Epigenom war merklich beeinträchtigt, auch die Zell-zu-Zell-Kommunikation des Immunsystems war erheblich gestört. Die von den Zwillingen gewonnenen Daten wurden mit denen einer breiteren Kohorte aus CVID-Patienten und gesunden Probanden verglichen und es zeigte sich: Die identifizierten Probleme waren die gleichen.
Die Studie liefert nun also ein solides Modell zur Charakterisierung der Krankheit. Die Forscher hoffen, dass sich ihre Erkenntnisse künftig auch auf die Entwicklung neuer Therapiemöglichkeiten übertragen lassen.
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Eine Bronchoskopie kann schon mühselig sein. Um einen genauen Blick in die Lunge zu bekommen – oder auch mal einen Fremdkörper zu entfernen – ist bisher ein normales Bronchoskop vonnöten. Das etwa 4 mm weite Instrument kann zwar recht weit in das Bronchialsystem vordringen, aber die tiefsten Ebenen bleiben dem Intrument versperrt. Zwar können durch das Bronchoskop auch noch dünnere Kathether eingeführt und so noch engere Bronchien erkundet werden, jedoch ist die manuelle Navigation für den Arzt nicht so einfach.
Wäre es nicht schön, wenn das Gerät die Navigation einfach selbst erledigen könnte? Wenn es nach Forschern der University of Leeds geht, wird das in ein paar Jahren Realität: Sie entwickelten einen magnetisch steuerbaren „Tentakel-Roboter“, der autonom in die kleinsten Atemwege der Lunge vordringen können soll.
Der Roboter besteht aus mehreren zylindrischen Segmenten aus elastischem Kunststoff, die mit winzigen magnetischen Partikeln versetzt sind. Durch ein externes Magnetfeld lässt sich der flexible Arm so bewegen und durch seine geringe Größe – ca. 2 mm beträgt der Durchmesser – sind ihm auch sehr enge Bronchien noch zugänglich. Anhand von Scans der Patientenlunge lässt sich schon vor dem Eingriff die Bewegungssequenz für die externen Magneten berechnen; der Tentakel folgt dann von selbst dem vorher festgelegten Fahrplan. Am Ziel angekommen, können schließlich Gewebeproben entnommen oder Bilder aufgenommen werden.
Noch ist das System aber weit von der klinischen Anwendung entfernt. Bisher wurde es nur im Labor an einer 3D-Nachbildung eines Bronchialbaums geprüft. Im nächsten Schritt soll die Navigation dann in der Lunge eines Leichnams erprobt werden.
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Bildquelle: mana5280, unsplash.