Ein wöchentlicher Test macht einen nicht direkt zum Experten – müsste man meinen. Doch ein Kunde in der Apotheke sieht das anders und spricht mir die Kompetenz ab.
Neulich im Testzelt kommt ein Mann zum Abstrich mit den Worten: „Aber bitte! Seien Sie jaaa vorsichtig, ich bin da echt empfindlich an meiner Nase.“
Ich versuche, ihn zu beruhigen, sage, dass ich vorsichtig bin und will beginnen. Kaum bin ich nicht mal mit dem halben Watteköpfchen im Nasenloch – habe noch nicht mal mit dem Abstreichen begonnen – zieht er den Kopf zurück und verzieht das Gesicht. Ich beginne wieder, er zieht den Kopf abermals zurück und hält mir das zweite Nasenloch entgegen.
„Wir sind da noch nicht fertig, Herr X. Genau genommen habe ich noch nicht mal angefangen. Bitte halten Sie ihren Kopf einfach ruhig, ja? Ich passe wirklich auf.“
Nachdem er dann die Prozedur einmal über sich ergehen ließ – nicht ohne lautstarkes Schnauben und Stöhnen natürlich – schaut er mich vorwurfsvoll an: „Sie machen das nicht richtig! Sie sind da viel zu weit drinnen!“
Ich zeige ihm das Stäbchen und die Stelle, wie tief ich es eingeführt habe.
„Nein, ich kann das beurteilen, ob Sie das richtig machen! Ich werde im Geschäft seit 6 Monaten 1 x in der Woche getestet und das hat sich immer anders angefühlt!“
„Wissen Sie was, Herr X: Ich weiß nicht, wer bei Ihnen im Geschäft die Probenentnahme macht. Aber ich versichere Ihnen, dass ich das gelernt habe. Ich mache auch nicht nur einen Test in der Woche, sondern zwischen 20 und 50 am Tag. Ich weiß schon, wie tief ich reingehen muss, damit ich eine verwertbare Probe bekomme, glauben Sie mir.“
Der Rest des Testes lief dann unter Protestschnauben, aber ohne Beschwerden. Die nächste Probandin am Zelt war ein 4-jähriges Mädchen, die den Stab genauso tief in der Nase hatte.
„Hihihi, das kitzelt“, giggelte sie und strahlte mich dabei an. So unterschiedlich werden die Dinge manchmal wahrgenommen …
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