Eine hohe Körpergröße scheint ein Risikofaktor für kolorektale Karzinome und Adenome zu sein; dazu gibt es viele Studien. Eine Metaanalyse bringt sie jetzt zusammen – und mahnt Ärzte, genauer hinzuschauen.
Größere Menschen haben – im Vergleich zu kleineren – vermutlich ein höheres Risiko für kolorektale Karzinome oder maligne Kolonpolypen. Eine aktuelle Metaanalyse von Forschern der Johns Hopkins Universität liefert dafür neue Belege. Der Zusammenhang zwischen Körpergröße und Darmkrebs sei zwar bereits untersucht worden, doch bisherige Studienergebnisse hätten sich widersprochen, maßen Größen nicht einheitlich und ließen das Risiko für Adenome außer Acht, einer Vorstufe von Kolonpolypen.
„Das ist die bisher größte Studie ihrer Art. Sie baut auf Belegen auf, die zeigen, dass eine höhere Körpergröße ein oft übersehener Risikofaktor ist, der berücksichtigt werden sollte, wenn Patienten Darmkrebs-Screenings wahrnehmen“, sagt Dr. Gerard Mullin, Associate Professor in der Abteilung Gastroenterologie und Hepatologie an der Johns Hopkins Universität. Er weist allerdings auch darauf hin, dass die Studie keinen kausalen Zusammenhang zeige und dass Körpergröße kein so entscheidender Risikofaktor sei wie Alter und Veranlagung. Sie bestätige aber länger bekannte Verbindungen zwischen Körpergröße und Krebsrisiko.
„Ein möglicher Grund dafür ist, dass die Körpergröße eines Erwachsenen mit der Größe seiner Organe korreliert. Aktivere Proliferation in den Organen größerer Menschen könnte das Risiko von Mutationen, die zu malignen Entartungen führen, erhöhen“, so Dr. Elinor Zhou, Co-Erstautor der Studie.
Die Autoren der Metaanalyse – veröffentlicht in Cancer Epidemiology, Biomarkers & Prevention – identifizierten 47 internationale Beobachtungsstudien mit 280.660 Fällen kolorektaler Karzinome und 14.139 kolorektalen Adenomen. Sie schlossen auch Daten aus der Johns Hopkins Colon Biofilm Study ein, für die 1.459 Patienten rekrutiert worden waren, die sich einer Koloskopie unterzogen. Darin wurde die Beziehung zwischen Krebs und Bakterien, die sich an den Kolonwand befinden (Biofilm) untersucht.
Da eine hohe Körpergröße auf der ganzen Welt anders definiert ist, verglichen die Forscher anteilig die jeweils Größten und Kleinsten der jeweiligen Studiengruppen. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die insgesamt größten Individuen innerhalb des höchsten Perzentils der Körpergröße ein um 24 % höheres Risiko hatten, an Darmkrebs zu erkranken im Vergleich zu den Kleinsten im niedrigsten Perzentil. Jeder 10-cm-Größenunterschied war mit einer 14 %igen Erhöhung des Risikos für Darmkrebs und einer um 6 % erhöhten Wahrscheinlichkeit für Adenome assoziiert“, so Mullin.
Die prozentualen Ergebnisse wurden demografisch, sozioökonomisch, in Bezug auf Lebensführung sowie auf weitere Risikofaktoren für kolorektale Karzinome bereinigt. Dazu gehören auch sogenannte nicht beeinflussbare Faktoren wie Alter, familiäre Vorbelastung und persönliche Krankheitsgeschichte. „Es ist bekannt, dass Darmkrebs mit beeinflussbaren Gewohnheiten zusammenhängt, wie beispielsweise dem Verzehr von verarbeitetem rotem Fleisch und Rauchen, aber aktuelle Leitlinien fixieren sich auf familiäre Vorbelastung und Größe wird als Risikofaktor bei Screenings vernachlässigt“, betont Mullin.
Zhou weist darauf hin, dass mehr Forschungsarbeit nötig sei, um bestimmte Risikogruppen mit höherer Körpergröße festzulegen. „Große Sportler oder Menschen mit erblich bedingter Körpergröße, wie dem Marfan-Syndrom, könnten beispielsweise früher gescreent werden und die Auswirkungen von Körpergröße könnten weiter erforscht werden“, sagt sie. „Wir brauchen mehr Studien, bevor wir definitiv bestimmen können, ab welcher Körpergröße frühere Darmkrebs-Screenings für Patienten sinnvoll sein könnten.“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Johns Hopkins Medicine. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: charlesdeluvio, Unsplash