Homeoffice-Regelungen können helfen, die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Doch helfen sie wirklich – und gibt es andere Maßnahmen, um Infektionen zu verhindern? Forscher haben einen Modellversuch gewagt.
Die räumliche Distanzierung und die Kontaktreduzierung am Arbeitsplatz zählen in der COVID-19-Pandemie zu den wirksamsten Maßnahmen, um Infektionen einzudämmen. Die rasche Umstellung auf das mobile Arbeiten hat jedoch nicht nur Vorteile: Arbeitnehmende fühlen sich zunehmend belastet und die wirtschaftlichen Folgen sind beträchtlich. Forschende des Max-Planck-Instituts haben daher in einer Simulation die Wirksamkeit verschiedener Maßnahmen untersucht. Ziel der Wissenschaftler war es, die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Eindämmungsstrategien zu modellieren. „Wir haben simuliert, wie sich Krankheiten wie COVID-19 über die Gruppe von Erwerbstätigen ausbreiten, anstatt nur über die gesamte Bevölkerung hinweg. Das ist eine Vereinfachung, die sonst oft gemacht wird", erklärt Studienautor Alex Rutherford.
Die Forschungsgruppe nutzte dazu Daten über Arbeitsplätze im urbanen New York City. Sie ordneten jedem Beruf einen sogenannten Proximitätswert zu: Diese Zahl gibt an, mit wie vielen Personen ein Arbeitnehmender wahrscheinlich aufgrund seiner Tätigkeit in Kontakt kommen wird. Daraus erstellten die Experten ein Cluster, um zu veranschaulichen, wie sich eine Infektionskrankheit dann in diesem Netzwerk ausbreiten kann. Anhand von Daten zu Gehältern, der Anzahl der Personen einer bestimmten Berufsgruppe und deren Möglichkeit von zu Hause aus zu arbeiten, ermittelte das Team dann die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen einzelner Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung. Die sozialen Auswirkungen messen sich an der Anzahl der Menschen, die infiziert wurden. Die wirtschaftlichen Kosten ergeben sich daraus, wie viele Menschen beurlaubt werden mussten und ihr Gehalt nicht beziehen konnten, weil sie nicht von zu Hause arbeiten können.
Beim Vergleich der Effektivität der Maßnahmen wurde deutlich, dass die Art der Arbeit und die Struktur des Kontaktnetzwerks der jeweiligen Berufsgruppe einen starken Einfluss auf die Krankheitsdynamik haben. Beispielsweise führt die Beurlaubung eines kleinen Teils der Arbeitnehmenden zwar dazu, dass das Kontaktnetzwerk beschnitten wird und die Infektionszahlen auf niedrigem Niveau stagnieren, es bringt jedoch auch langfristig hohe Ausgaben mit sich, da die Pandemie dann länger andauert. Strategien wie Beurlaubung von Arbeitnehmenden auf der Grundlage ihrer Notwendigkeit, nach Lohn oder nach dem Zufallsprinzip, schnitten ebenfalls schlecht ab.
Die Forschenden kamen zu dem Entschluss, dass netzwerkbasierte Metriken – wie Grad und Zentralität – in der Lage sind, den Höhepunkt der Infektion zu reduzieren und auch die Epidemie zu verkürzen. Außerdem schlugen die Experten vor, Arbeitnehmende ausgehend der Anzahl ihrer engen persönlichen Kontakte zu bewerten. Dies erbringt ungefähr den gleichen Nutzen wie komplexere Metriken, die auf der vollständigen Netzwerkstruktur oder anderen beruflichen Merkmalen basieren. „In der Praxis ließe sich die Anzahl der Kontakte einfach mit einer Smartphone-App abschätzen, die die Bluetooth-Nähe zu anderen Endgeräten schätzt, ohne die IDs zurückzuverfolgen,“ so Manuel Cebrian, Mitautor der Studie.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Jason Strull, unsplash.