Während eines Klinikaufenthaltes können Blutstrominfektionen leicht vorhersagt und behandelt werden. Doch was passiert nach der Entlassung? Wissenschaftler haben einen Score entwickelt, um Folgen besser vorhersagen zu können.
Blutstrominfektionen (BSI) sind schwere bakterielle Infektionen, die mit einer hohen Sterblichkeit verbunden sind. Die Anzahl der Infektionen ist durch multiresistente Erreger (MRE) massiv gestiegen: Jährlich infizieren sich rund 3,2 Mio. Menschen in Europa, etwa 150.000 versterben sogar daran. Prognosen, wie die Erkrankung verlaufen könnte, lassen sich anhand von Vorhersagemodellen stellen. Das Problem dabei: Bislang sind diese auf bestimmte Krankheitserreger oder Intensivpatienten beschränkt und betreffen vor allem die kurzfristige Vorhersage innerhalb des Krankenhausaufenthalts.
Ein Forscherteam entwickelte nun einen klinischen Score, um Risikofaktoren zu identifizieren und so die kurz- sowie langfristige Sterblichkeit präziser zu prognostizieren. Dazu erhoben die Wissenschaftler um Forschungsleiterin Prof. Evelina Tacconelli Daten von rund 2.500 Patienten. Sowohl mikrobiologische und laborchemische, als auch Behandlungs- und Überlebensdaten spielten dabei eine Rolle. Insgesamt analysierte das Team über 1.000 Variablen pro Person und erstellte mathematische Modelle für die Vorhersage der Sterblichkeit nach 14 Tagen bzw. nach 6 Monaten.
Dabei fanden die Forscher heraus, dass der Verlauf der Infektion von Faktoren wie Alter, dem BMI, Thrombozyten- sowie Leukozytenzahlen und dem Entzündungsmarker CRP abhängig ist. Außerdem sei entscheidend, ob der Patient bereits im Krankenhaus erkrankte, so Prof. Tacconelli. Das Team fand außerdem heraus, dass sich die Faktoren, die eine kurzfristige Sterblichkeit voraussagen können von denen einer langfristigen Sterblichkeit unterschieden: So waren für die Vorhersage der 14-Tage-Sterblichkeit vor allem der mentale Status, ein zu niedriger Blutdruck und die Notwendigkeit einer mechanischen Beatmung ausschlaggebend. Für eine Prognose der 6-Monats-Mortalität hingegen, waren zusätzlich der Infektionsherd, Komplikationen während des Krankenhausaufenthaltes sowie die Nierenfunktion relevant.
Die Ergebnisse wurden zu zwei klinischen Scores zusammengeführt, mit denen bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Erkrankung die Vorhersagen für die 14-Tages- sowie die 6-Monats-Sterblichkeit präziser erfolgen sollen. Die neuen Scores könnten nun helfen, neue Behandlungspläne zu entwickeln: „Wir können somit frühzeitig jene Patientinnen und Patienten im Behandlungsverlauf identifizieren, die ein sehr hohes Risiko haben und diese dann beispielsweise engmaschiger überwachen“, fasst Studienautorin Dr. Siri Göpel zusammen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Universitätsklinikums Tübingen. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Pawel Czerwinski, unsplash.