Eine erektile Dysfunktion ist der Alptraum vieler Männer – und gar nicht so selten, besonders als Nebenwirkung von Medikamenten. Diese Arzneimittel können euren Patienten die Lust verderben.
Von Betablockern ist bekannt, dass sie zu einer erektilen Dysfunktion (ED) führen können, aber auch zahlreiche andere Pharmaka können Impotenz auslösen. Diabetes, Gicht, Herzerkrankungen, Bluthochdruck, Hyperlipidämie – die Liste der Erkrankungen, die eine ED auslösen können, ist lang. Andererseits kann sie auch ein prädiktiver Marker sein, der auf diese Erkrankungen hinweist.
Als Reaktion auf humorale, neurale und mechanische Reize setzt das vaskuläre Endothel eine Vielzahl von Faktoren frei, unter anderen den Vasodilatator Stickstoffmonoxid (NO). Dieses gasförmige Hormon dient dazu, die kontraktile und relaxierende Homöostase zu regulieren. Ein Ungleichgewicht in der Produktion von Vasodilatatoren und Vasokonstriktoren kann zum Auftreten einer endothelialen Dysfunktion beitragen.
Die durchschnittliche Häufigkeit von mäßiger bis schwerer iatrogener ED betrug in einer Studie 66,4 % mit Antihypertensiva als Monotherapeutikum. Die Studie untersuchte dabei die unterschiedliche Prävalenz der Medikamente als Auslöser von Sexualstörungen:
Kombinierte Behandlungen lösten sogar in 70,3 % der Fälle eine ED aus:
Die größten Risikofaktoren im Zusammenhang mit ED waren ein schlechter allgemeiner Gesundheitszustand, ein Alter über 60 mit einer komorbiden koronaren oder muskuloskelettalen Erkrankung, Stimmungsstörungen und eine Diuretika- und ARB-Kombinationstherapie.
Bei der Störung der Sexualfunktion muss zwischen der Libido, der Erektionsfähigkeit und dem Orgasmuserleben unterschieden werden. Insgesamt wurden leichte (27,8 %) und mäßige (35,6 %) Schwierigkeiten beim sexuellen Verlangen festgestellt. Ein Rückgang der Libido wurde bei Frauen (überwiegend mild) und bei Männern (mehrheitlich mäßig) beobachtet. Leichte Abnahmen wurden mit Sartanen, mäßige Dysfunktion mit ACE-Hemmern und schwere Dysfunktion mit Betablockern in Verbindung gebracht. Die meisten Probanden, überwiegend Frauen, berichteten von einer Orgasmusverzögerung – leicht (20 %), mäßig (31,1 %) und schwer (18,9 %). Die Assoziation von Diuretikum mit ARB zeigte die höhere klinisch Relevanz (35,5 %).
Die Medikamente, die am stärksten zu stören schienen, waren ACE-Hemmer (66,6 %), gefolgt von den Kombinationstherapien Diuretikum mit Calciumantagonist (43,8 %) und Diuretikum mit ARB (43,8 %). Die Nebenwirkungen wurden früher häufiger bei Männern untersucht und nur wenige Forschungsergebnisse zeigen Unterschiede in der Prävalenz zwischen Männern und Frauen. Frauen leiden anscheinend häufiger oder gleich oft an sexuellen Funktionsstörungen, die mit Antihypertensiva behandelt werden.
Antihypertensive Alphablocker scheinen weniger von der Entwicklung einer ED betroffen zu sein. Sie sollen das sexuelle Verlangen nicht beeinträchtigen. Die Nettowirkung von Alpha-adrenergen Antagonisten auf die erektile Funktion hängt wahrscheinlich vom Gleichgewicht zwischen pro-erektilen Effekten im Gehirn und im Penis und anti-erektilen Effekten als Folge von blutdrucksenkenden Mechanismen ab.
Anders sieht es bei Alphablockern aus, die zur Behandlung des Prostataadenoms eingesetzt werden. Die Medikamente der 1. Generation (Terazosin und Prazosin) senken auch den Blutdruck und bringen daher das gleiche Problem wie alle Blutdrucksenker mit sich: Sie verringern den Blutfluss zum Penis und verstärken daher eine erektile Dysfunktion. Die 2. Nebenwirkung, die auch bei den neueren Generationen von Alphablockern (Tamsulosin oder Silodosin) häufig gesehen wird, ist die retrograde Ejakulation.
Sexuelle Dysfunktion ist eine der häufigsten Nebenwirkungen bei Patienten mit Hypertonie, die blutdrucksenkende Medikamente einnehmen und bleibt oft während der gesamten Krankheit bestehen, so eine Studie.
Aus dem Endothel stammendes NO spielt eine entscheidende Rolle in der Physiologie der Erektion, einschließlich der Initiierung und Aufrechterhaltung des intrakavernösen Druckanstiegs, der Penisvasodilatation und der Peniserektion. Diese ist von der Aktivierung der Guanylatcyclase und der anschließenden Produktion von cGMP durch NO in glatten Muskelzellen abhängig. PDE-5-Hemmer, wie etwa Sildenafil, hemmen den Abbau von NO und greifen in die pathogene Kaskade ein.
Zu den potenziellen Mechanismen, die der Wirkung von Betablockern auf die Sexualfunktion zugrunde liegen, gehören die Hemmung des sympathischen Nervensystems, das an der Integration von Erektion und Ejakulation beteiligt ist. Außerdem beeinträchtigen sie die Vasodilatation der Schwellkörper, haben Auswirkungen auf das luteinisierende Hormon und die Testosteronsekretion und eine Tendenz zur Sedierung oder Depression, wie Studien zeigen. Im Gegensatz dazu wurden in neueren Studien keine signifikanten nachteiligen Auswirkungen auf die Sexualfunktion mit Metoprolol gefunden.
In einer Studie von Dai et al. hingegen wirkten sich Betablocker negativ auf die ED-Verbesserung aus, die durch koronare Revaskularisation erreicht wurde. Ihre offensichtlich nachteiligen Auswirkungen auf die erektile Funktion und die Lebensqualität bei jungen Männern stellen die Tatsache in Frage, Betablocker als Erstlinienoption nach koronarer Revaskularisation bei Patienten mit ED anzusehen. Andererseits scheinen die Ergebnisse einer Studie von Rasmussen et al. darauf hinzudeuten, dass neuere Herz-Kreislauf-Medikamente, insbesondere Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten, möglicherweise keine oder sogar vorteilhafte Auswirkungen auf die erektile Funktion haben.
Als Komedikation bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden häufig Cholesterinsenker eingesetzt. Cholesterin ist die biochemische Vorstufe von Testosteron. Statine verringern den Testosterongehalt bei Männern, obwohl die durchschnittliche Wirkung gering ist. In einer prospektiven Beobachtungsstudie mit 93 Männern wurde vermutet, dass ED nach einer Statintherapie bei Patienten mit schwerer endothelialer Dysfunktion aufgrund etablierter kardiovaskulärer Risikofaktoren – einschließlich Alter, Rauchen und Diabetes – wahrscheinlicher ist. Insgesamt zeigt sich also, dass Statine einen positiven Effekt auf die erektile Funktion haben können, da die positiven Effekte stärker zu sein scheinen, als die negativen Effekte auf den Testosteronspiegel.
Neben Antihypertensiva können auch einige Antidepressiva das Sexualverhalten stören. Fast alle Antidepressiva können die Libido negativ beeinflussen, etwa trizyklische Antidepressiva (Amitriptylin, Doxepin, Imipramin, Nortriptylin), MAO-Hemmer (Phenelzin, Tranylcypromin) und antipsychotische Wirkstoffe (Thioridazin, Thiothixen, Haloperidol). Einige Antidepressiva, wie z. B. Citalopram, können die Spermienzahl dramatisch senken oder sogar eine Azoospermie verursachen.
Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) sind eine der zahlreichen Medikamentenklassen, die zur Behandlung von Depression eingesetzt werden. Vertreter wie Fluoxetin, Paroxetin, Sertralin, Citalopram und Escitalopram haben alle eine sexuelle Nebenwirkung, die sowohl für Männer als auch für Frauen sehr beeinträchtigend sein kann. Sie verzögern die Ejakulation bzw. den Orgasmus. Diese Nebenwirkung ist so häufig, dass umgekehrt sogar niedrig dosiertes Paroxetin bevorzugt bei Männern gegen vorzeitige Ejakulation einsetzt wird.
Auch Diabetes kann durch eine Störung der Makro- und Mikrozirkulation zur ED beitragen. Männer mit Typ-2-Diabetes, die den GLP-1-Anatonisten Dulaglutid im Vergleich zu Placebo erhielten, hatten eine geringere Inzidenz von erektiler Dysfunktion. Der Befund, dass Dulaglutid das Auftreten von mittelschwerer oder schwerer erektiler Dysfunktion in der REWIND-Studie reduzierte, zeigt, dass nicht alle Antidiabetika eine ED auslösen können.
Die REWIND-Studie wurde an 371 Standorten in 24 Ländern durchgeführt. Männer und Frauen im Alter von über 50 Jahren mit Typ-2-Diabetes, die entweder ein früheres kardiovaskuläres Ereignis oder kardiovaskuläre Risikofaktoren hatten, erhielten entweder Dulaglutid oder Placebo. Den teilnehmenden Männern wurde die Möglichkeit geboten, den standardisierten Fragebogen zum Internationalen Index der erektilen Funktion zu Studienbeginn, nach zwei Jahren, nach fünf Jahren und am Ende der Studie auszufüllen. Männer, die Dulaglutid einnahmen, gaben in der Untergruppe mit vorangegangener kardiovaskulärer Erkrankung eine geringere Inzidenz von erektiler Dysfunktion an, als Männern ohne Dulaglutid. Die Autoren schlussfolgern daher: „Die Langzeitanwendung von Dulaglutid könnte das Auftreten von mittelschwerer oder schwerer erektiler Dysfunktion bei Männern mit Typ-2-Diabetes verringern.“
Bei Medikamenten, die eine ED auslösen oder verschlimmern können, denkt man oft an Antihypertonika. Doch auch Protonenpumpenhemmer (PPI) können den Spaß im Bett trüben. Die ED wird als Nebenwirkung von PPI weitgehend nicht erkannt, obwohl es immer mehr Beweise dafür gibt, dass sie zu einer beeinträchtigten NO-Bildung und endothelialen Dysfunktion beitragen können.
Perry et al. berichten in einer Kasuistik von einem 38-jährigen Mann mit leichtem Bluthochdruck und ohne andere signifikante Krankengeschichte. Er entwickelte innerhalb von nur zwei Tagen nach Beginn der Omeprazol-Therapie eine schwere ED, wobei sie sich nach Absetzen des Medikaments schnell wieder normalisierte. In den zwei Jahren nach der Episode hatte der Patient keine weiteren Erektionsstörungen.
Mehrere Mechanismen von ED im Zusammenhang mit der Verwendung von PPI sind möglich. Die Induktion von CYP3A4 kann den Testosteronspiegel bei einigen Patienten senken. Es scheint jedoch unwahrscheinlich, dass ein solcher Mechanismus nach zwei Tagen Therapie eine schwere ED verursacht. Auch eine veränderte Funktion von Calciumkanälen im Corpus cavernosum kann möglich sein. Der wahrscheinlichste Mechanismus scheint aber eine endotheliale vasodilatatorische Dysfunktion zu sein, die durch eine gestörte Bildung von NO vermittelt wird. PPI hemmen das Enzym Dimethylarginin-Dimethylaminohydrolase (DDAH), was zu einem blockierten Abbau von Dimethylarginin und einer daraus folgenden Beeinträchtigung der endothelialen Stickoxidbildung führt. Erhöhte ADMA-Spiegel gelten dabei als potenzieller Marker für eine endotheliale Dysfunktion.
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