Der vollgepackte Rüstwagen setzt sich in Bewegung. Sein Ziel: Die Ukraine. Dorthin liefert das Feuerwehrfahrzeug Technik und Medikamente. Organisiert wurde die Aktion von der Göttinger Klinik für Anästhesie.
Mittwochmorgen, 9. März 2022, um 7:30 Uhr: Ein Rüstwagen der Werkfeuerwehr der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) macht sich vom Vorhof der Feuerwache des Universitätsklinikums aus auf den Weg in die Ukraine. Die Werkfeuerwehr der UMG und die Berufsfeuerwehr der Stadt Göttingen stellen den Feuerwehr-Gerätewagen, die Klinik für Anästhesiologie einen Transporter mit Medikamenten, medizinischen Artikeln und Geräten, den sie nach Polen an die ukrainische Grenze bringen.
Zurück geht der Transport auf eine Initiative der Klinik für Anästhesiologie der UMG, die mit ihrem Förderverein über 25.000 Euro an Spendengeldern eingeworben hat. Zudem konnten Industriepartner der Klinik für Anästhesiologie als Spender für Sachmittel gewonnen werden. Das waren nochmal medizinische Geräte im Wert von weit über 50.000 Euro. Ein wichtiger Treiber der ganzen Aktion war eine Gruppe junger Anästhesisten, die Young Urban Anaestesiologists. Sie betreiben seit Längerem einen anästhesiologischen Podcast und nutzten ihre Reichweite, um für das Spendenprojekt zu trommeln.
Gefahren wurde der Rüstwagen von Mitarbeitern der Berufsfeuerwehr Göttingen. Den zweiten Transporter mit größeren medizinischen Geräten und Kartons mit medizinischem Material und Medikamenten übernahm ein Logistikunternehmen aus Berlin. Am gestrigen Donnerstag wurde das Fahrzeug mitsamt Inhalt an die Feuerwehr von Ivano-Frankivsk übergeben. Ivano-Frankivsk ist eine Stadt in der Westukraine, ein Stück südlich von Lwiw. Neben der Feuerwehr gehen die medizinischen Materialien und Geräte an zwei Universitätskliniken vor Ort.
Der Rüstwagen enthält neben Ausrüstung für die technische Hilfeleistung eine Trennschere, einen Lichtmast mit Scheinwerfern sowie einen Generator. An medizinischem Material und Geräten wurden unter anderem zehn Notfall-Rucksäcke, 200 Systeme zum Abbinden oder Stauen von Blutgefäßen, Atemmasken, Defibrillatoren, Elektroden, vier Beatmungsgeräte, ein Inkubator und zwei Wärmebetten, dazu 1.000 Beatmungsschläuche und verschiedene Medikamente, zwei Intensivbeatmungsgeräte, zwei Spritzenpumpentürme, ein Babywärmebett und ein Hochfrequenz-Elektrochirurgie-Gerät zur Blutstillung im OP übergeben.
„Die jetzt gespendeten Medizingeräte und Medikamente wurden in direkter Abstimmung mit den Kliniken für die Notfallversorgung von Schwerstverletzten im Katastrophengebiet zusammengestellt. So wurde zum Beispiel auch der besondere Bedarf für Überwachungs-, Beatmungs- und Infusionstechnik sowie für Regionalanästhesieverfahren berücksichtigt. Die Geräte sind bereits auf englische bzw. russische Sprachführung eingestellt worden“, erläutert Prof. Konrad Meissner, Direktor der Klinik für Anästhesiologie der UMG.
„Uns war es wichtig, sehr schnell konkrete Hilfe hinzubekommen. Das war harte Arbeit, innerhalb von sechs bis sieben Tagen ein so großes Aufgebot an Spenden, Medikamenten und Geräten zu organisieren“, ergänzt Nils Kunze-Szikszay, Oberarzt der Klinik. Bereits am Wochenende hatten viele Mitarbeiter der Klinik für Anästhesiologie die Inventarlisten erstellt und bei der Vorbereitung des Rüstwagens geholfen.
Noch am Dienstag bereiteten sie das Feuerwehrfahrzeug vor, beklebten es mit kyrillischen Schriftzeichen und gut sichtbar mit dem Roten Kreuz, um es als Hilfeleistungsfahrzeug erkennbar zu machen. Der Gerätewagen selbst ist nicht mehr neu, aber gut in Schuss, wie Carsten Cichos, Leiter der Werkfeuerwehr, sagt: „Das Fahrzeug ist Jahrgang 1998, ist aber bisher erst 18.000 Kilometer gelaufen, gut gewartet und voll einsatzbereit.“
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