Die jahrelange Erforschung neuronaler Aktivität des Zebrafisches offenbart Neues zu neuronalen Netzen und natürlichen Verhaltensweisen. Die Beziehung ist dynamischer und komplexer als bisher vermutet.
Neuroethologen untersuchen, wie Informationen im Zentralnervensystem verarbeitet werden und Reize eine bestimmte Verhaltensweise herbeiführen. Bereits seit vielen Jahren versuchen Wissenschaftler, die dahinterstehenden Prozesse zu verstehen, um neuronale Netzwerke zu entschlüsseln. Forscher vom Max-Planck-Institut Tübingen haben nun in einer aktuellen Studie zentrale ethologische Theorien überprüft und konnten neue Erkenntnisse zur Verarbeitungshierarchie gewinnen.
Jennifer Li und Drew Robson haben über Jahre die neuronalen Aktivitäten von Zebrafischen und anderen Mikroorganismen untersucht. Dabei stellen sie fest, dass unser derzeitiges Verständnis für neuronale Aktivität und der zugrunde liegenden komplexen Hierarchien Einschränkungen aufweist. „Das Gehirn führt kontinuierliche Zustandsveränderungen bei der Informaionsverarbeitung von Wahrnehmung und Verhalten durch. Der interne Zustand des Gehirns organisiert Ziele und Motivatoren des Tieres. Es besteht keine einfache Verkettung zwischen einem bestimmten Satz neuromodulatorischer Neuronen und einem bestimmten Verhaltenszustand. Interne Hirnzustände sind multidimensional und dynamisch“, erklärt Forschungsleiter Robson.
„Bei Zebrafischlarven zum Beispiel ist das Verhalten während der Nahrungssuche hierarchisch auf Ebenen des Erkundens und Beutemachens organisiert. Beide Zustände erstrecken sich auf mehrere Minuten. Beide sind hierarchisch weiter organisiert, etwa anhand von Jagdsequenzen, die jedoch nur wenige Sekunden andauern. Aus ethologischer Sicht ist dies eine klassische Verhaltenshierarchie. Jedoch konnten wir auf Grundlage einer breiten Datenbasis neurologischer Analysen nun vielmehr komplexe dynamische Systeme erkennen, die die Prozesshierarchie organisieren“, erklärt Studienleiterin Li.
Ergebnisse jahrzehntelanger Hirnforschung zeigen, dass ein komplexes neuromodulatorisches System am Werk ist, in dem verschiedene Neurotransmitter in einem hochdimensionalen Zustandskomplex zusammenspielen. „Jeder Verhaltenszustand tritt in diesem Komplex irgendwo an einem Punkt auf und dieser verbindet entlang von Pfaden einen Zustand mit einem anderen. Wir benötigen noch einen umfassenderen Überblick über die neuromodulatorische Aktivität und die Vielfalt von Verhaltenszuständen, um das vielfältige Beziehungsgeflecht besser entwirren zu können“, so Li.
Sie und ihr Kollege Robson haben bereits damit begonnen, ein mehrdimensionales Modell verschiedener interner Hirnzustände am Beispiel des Zebrafisches zu erstellen, das die Vielzahl der natürlichen Verhaltensweisen dieses Tieres ordnen soll. Dieses kann in Zukunft als Grundlage dienen, auch das menschliche Gehirn besser untersuchen zu können.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für biologische Kybernetik. Hier und im Text findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Diogo Brandao, unsplash.