Herzkranken Kindern fehlt es insbesondere an differenzierten und interventionellen Therapieverfahren. Über diese Problematik diskutierten Mediziner auf dem DGPK-Kongress.
Im Rahmen der 54. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK) wurde über die Folgen der europäischen Medizinprodukteverordnung (EU-MDR) ausführlich informiert. Im Einzelnen wurde die Problematik von fehlenden, sehr speziellen Medizinprodukten für den Einsatz bei Katheterinterventionen von herzkranken Kindern dargelegt, und die verschiedene Interessensgruppen vertretenden Diskussionsteilnehmer berichteten über entsprechende Versorgungsdefizite sowie über Verzögerungen im Ablauf von verwaltungstechnischen Prozessen.
Hintergrund dieser Diskussion ist die Tatsache, dass die Anzahl herzkranker Neugeborener, Säuglinge und Kinder – im Vergleich zu Erwachsenen mit erworbenen Herzerkrankungen – deutlich kleiner ist. Auf der anderen Seite gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass die angeborenen Herzfehler eine sehr große Heterogenität aufweisen, die differenzierter interventioneller Therapieverfahren bedürfen. Hierbei kommen besondere Implantate, zumeist sog. „Nischen-Medizinprodukte“, aus kleinen Produktionslinien zum Einsatz, die in geringer Stückzahl und unterschiedlicher Größenordnung hergestellt werden.
Zu den Implikationen der sogenannten EU-MDR wurde Stellung bezogen von den beiden medizinischen Fachgesellschaften DGPK und DGTHG, der Patientenvertretung Bundesverband Herzkranke Kinder, Vertretern des Bundesverbandes Medizintechnologie, sowie vom Referat Medizinproduktesicherheit des Bundesministeriums für Gesundheit.
Prof. Nikolaus Haas, LMU München, erklärte, dass seit einigen Jahren in Deutschland und anderen europäischen Ländern Implantate für die Behandlung angeborener Herzfehler in zunehmendem Maß vom Markt genommen würden mit der Begründung komplizierter Herstellungsprozesse, geringer Produktionszahlen und der damit einhergehenden Unwirtschaftlichkeit. Auch werde dies durch Zulassungsvorgaben bei Zertifizierung/Rezertifizierung begründet, die mit einem exzessiven verwaltungstechnischen Aufwand und damit verbundenen hohen Kosten einhergingen.
Von Seiten der Patientenvertretung wurde eine Sicherstellung der Versorgung mit Medizinprodukten zur Behandlung herzkranker Kinder gefordert. Die Vertretung des Bundesverbandes Medizintechnologie stellte dar, dass das gegenwärtige Antragsverfahren zu Re-/Zertifizierungen u.a. durch fehlendes Personal in den zuständigen regulatorischen Behörden zu sehr langen, teils mehrjährigen Anmelde- und Bearbeitungsprozessen führten.Seitens des Referats Medizinprodukte des BMG wurden die dargestellten Sachverhalte teilweise bestätigt. Möglicherweise seien auch unzureichende Kenntnisse bei den Antragsverfahren für die Verzögerungen ursächlich.
Ein Defizit dieser Art, in Deutschland wie auch in Europa, bedeute eine unangemessene Verknappung medizinisch notwendiger Medizinprodukte und führe zugleich zu einem Innovationsstopp in der medizinischen Versorgung herzkranker Kinder, so Prof. Haas.
Die medizinische Fachgesellschaft DGPK fordert das Bundesministerium für Gesundheit daher eindringlich auf, sich dieser wichtigen Angelegenheit zeitnah anzunehmen, um Schaden und negative Folgen für Kinder mit angeborenem Herzfehler zu vermeiden. Darüber hinaus wurde die Bildung eines „runden Tisches“ unter Beteiligung aller relevanten Vertreter als dringend geboten gefordert. Auch sollte die Implementierung dieser Medizinprodukte aus dem Bereich der Kinderherzmedizin in das bereits gesetzlich verankerte Implantate-Register Deutschland (IRD) realisiert werden.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK).
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