Einer Forschungsgruppe ist es gelungen, die Ausdehnung von Nervenscheiden bei Säuglingen zu messen. Erstmals konnte so gezeigt werden, dass die Entwicklung nicht immer gleichmäßig verläuft.
Viele Nervenfasern von Wirbeltieren besitzen eine Hülle, die Markscheide aus Myelin, die eine besonders schnelle Erregung weiterleitet. Auch die Leitungsbahnen der Hirnzellen sind mit Myelin umhüllt und bilden die weiße Substanz des Gehirns. „Myelin ist für die Funktion des Gehirns von wesentlicher Bedeutung“, erklärt Neurowissenschaftlerin Dr. Mareike Grotheer. „Geht die Bildung der Myelinscheiden schief, so kann dies zu Entwicklungs- und kognitiven Störungen führen.“
Ein großer Teil der Myelinbildung erfolgt während der ersten sechs Monate nach der Geburt. Diese zu untersuchen, ist aber vor allem bei Kleinkindern kompliziert und klassische Studien, die auf Hirnschnitten von Verstorbenen beruhen, lassen sich nicht ohne Weiteres auf das Säuglingsgehirn übertragen.
Grotheer und ihr Team nutzten das Verfahren der Magnetresonanztomografie, um die Ausdehnung der Myelinschicht entlang der Leitungsbahnen zu messen. Dazu mussten sie behutsam vorgehen: „Weil Babys sich viel bewegen und dadurch die Aufnahmen stören, mussten wir mit unserer Arbeit warten, bis die Babys eingeschlafen waren“, berichtet die Studienleiterin.
Doch die Mühe hat sich gelohnt: „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die Myelinhülle nicht an allen Stellen des Gehirns gleich schnell bildet. Insbesondere hängt der Fortschritt der Myelinisierung im frühen Säuglingsalter davon ab, wieviel Myelin zu Anfang vorliegt“, erklärt Grotheer. Wenn bei der Geburt wenig Myelin vorhanden ist, verläuft die Myelinisierung anschließend schneller, so dass der Rückstand aufgeholt wird.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Philipps-Universität Marburg. Die Originalpublikation findet ihr hier.
Bildquelle: Jonathan Chng, unsplash.