Die Omikron-Variante BA.2 brauche einen eigenen Namen, fordern Wissenschaftler. Rollt mit der Schwestervariante die nächste Welle auf uns zu? Mehr dazu in unserem Überblick.
Die Omikron-Untervariante BA.2 ist weltweit auf dem Vormarsch. Weil sie sich offenbar deutlich von ihrer Schwestervariante BA.1 unterscheidet, fordern japanische Forscher, ihr einen eigenen Namen zu geben. Worin sich beide genau unterscheiden, hat die Forschergruppe jetzt untersucht und eine Art Steckbrief veröffentlicht.
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Laut der Forscher um Kei Sato unterscheidet sich das Spike-Protein von BA.2 „wesentlich von dem von BA.1“. Das lässt zum einen die Vermutung zu, dass BA.2 leichter übertragbar und ansteckender ist als BA.1. Das konnten die japanischen Forscher in ihrer Studie auch bestätigen: Sie ermittelten eine 1,4-fach höhere Reproduktionszahl für BA.2 verglichen mit der Untervariante BA.1. Diese Erkenntnis deckt sich mit den Ergebnissen anderer Forschergruppen, unter anderem aus England und Dänemark. In der dänischen Studie zeigten Forscher, dass sich BA.2 unter Haushaltskontakten wesentlich besser verbreitet als BA.1.
Zum anderen deuten die Unterschiede im Spike-Protein darauf hin, dass BA.2 den durch Impfung oder Infektion induzierten Antikörpern auch besser entkommen kann als BA.1. In Laborexperimenten ließen sich Pseudoviren beider Untervarianten nicht mit Impfstoff-induzierten Antikörpern neutralisieren. BA.2 schnitt hier zwar etwas schlechter ab, große Unterschiede gab es aber nicht.
Allerdings war BA.2 resistenter gegenüber den therapeutischen Antikörpern Casirivimab/Imdevimab und Sotrovimab als BA.1. Der Hersteller des Antikörpers Sotrovimab, Vir Biotechnology, hat inzwischen eine eigene Studie zur Wirksamkeit gegen BA.2 veröffentlicht. Die Ergebnisse bestätigen einerseits, dass die Neutralisierung im Pseudovirus-Modell geringer ist als bei 21 anderen SARS-CoV-2-Varianten. Andererseits soll die Neutralisierung für eine klinische Wirksamkeit noch hoch genug sein.
Die Forscher um Sato sind zudem der Frage nachgegangen, ob sich BA.1-Infizierte erneut mit der Schwestervariante infizieren können. Eindeutig klären können das Laborexperimente natürlich nicht, doch sie geben einen ersten Hinweis: In den Versuchen der Japaner konnten Antikörper, die nach einer BA.1-Infektion gebildet wurden, BA.2-Viren nicht vollständig neutralisieren. Was genau das für das aktuelle Infektionsgeschehen bedeutet, bleibt aber unklar.
Auch auf die Frage nach der Krankheitsschwere gibt es inzwischen Antworten. Tierexperimente wie die von Sato et al. deuteten zunächst darauf hin, dass BA.2 für schwerere Verläufe verantwortlich sein könnte als BA.1. Doch laut aktueller Real-Life-Daten ist die Lage wohl nicht ganz so dramatisch.
Forscher aus Südafrika zeigen in ihrer aktuellen Studie, dass Menschen, die sich mit BA.2 infiziert haben, nicht häufiger in eine Klinik eingewiesen werden müssen als BA.1-Infizierte. Auch im Krankheitsverlauf gebe es laut Cohen et al. keine Unterschiede zwischen den beiden Omikron-Subvarianten.
Prompt äußerte sich Gesundheitsminister Karl Lauterbach via Twitter zu den Ergebnissen: „Das wäre, wenn bestätigt, eine gute und sehr bedeutsame Studie. […] Da sie sich in Deutschland immer mehr verbreitet, ist das für uns wichtig.“
Tatsächlich könnte BA.2 bald das Infektionsgeschehen in Deutschland dominieren. Laut RKI-Wochenbericht vom 17. Februar liegt der Anteil der Sublinie BA.2 derzeit in Deutschland bei 14,9 Prozent. In der vierten Kalenderwoche lag der Wert noch bei 8,1 Prozent, in der Woche davor bei 5,3 Prozent.
Wird uns BA.2 also eine neue Corona-Welle bescheren? Wohl eher nicht, meinen Forscher. Dan Barouch, Immunologe und Virologe am Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston, USA, erklärt: „Es könnte den Omikron-Anstieg verlängern. Aber unsere Daten deuten darauf hin, dass es nicht zu einem brandneuen zusätzlichen Anstieg führen würde.“
Bildquelle: Andrew Kliatskyi, Unsplash