Krankenhaus-Patienten versterben deutlich häufiger am Wochenende als an Werktagen an einem Herzinfarkt. Die zugrundeliegende Studie wurde bereits vor zehn Jahren veröffentlicht. Schnell wurde dem ärztlichen Personal die Schuld zugewiesen – doch stimmt das überhaupt?
Zwischen den Jahren 2000 und 2014 stieg die Überlebensrate von Klinikpatienten nach einem Herzinfarkt unter der Woche von 16 % auf 25,2 % an. Im Vergleich dazu brachten es Patienten an den Wochenenden bzw. in der Nacht lediglich auf einen Anstieg von 11,9 % auf 21,9 %. Ofoma und Kollegen untersuchten in ihrer aktuellen Studie die Schicksale von mehr als 150.000 Patienten aus 470 US-Kliniken, nachdem diese einen Herzstillstand erlitten hatten. Den Forschern fiel anhand der Daten auf, dass mehr als die Hälfte der Patienten nachts bzw. an den Wochenenden einen Herzstillstand erfuhren. Doch weshalb starben dann auch mehr daran?
Sehr schnell scheinen die Schuldigen ausgemacht: Nachts und an normalerweise „arbeitsfreien“ Tagen gibt es zum einen sehr viel weniger Personal in den Krankenhäusern, sodass wertvolle Zeit für die Behandlung verloren gehen könnte. Zum anderen sind Ärzte nachts vielleicht auch einfach nur müder und machen deshalb vermehrt Fehler? Ist das nicht viel zu einfach gedacht? Möglicherweise waren die Patienten, deren Herzen außerhalb der normalen Arbeitszeiten aussetzten aber einfach auch schwerer krank? Ein Punkt, den die Studie vollkommen außer Acht lässt. Daneben ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Herzinfarkt jemand anderem auffällt, an Wochentagen sehr viel größer und zwar sowohl innerhalb als auch außerhalb eines Klinikums. Je früher der Patient zudem gefunden wird und eine Reanimation beginnt, desto größer ist letztlich die Chance zu überleben. Erschwerend kommt hinzu, dass Herzpatienten außerhalb der normalen Arbeitszeiten sehr viel weniger häufig invasive Behandlungen erhalten, wie Studien zeigten. Ebenso gibt es nachts und an den Wochenenden ganz sicher vielerorts Einschränkungen in der Routinediagnostik (EKG, Röntgen, …) nicht nur für Herzpatienten.
Um das Problem des „Wochenend-Effekts“ zu lösen, schlagen die Autoren vor, sich diejenigen Kliniken einmal genauer anzusehen, bei denen sich der prozentuale Anteil der Verstorbenen an Wochentagen bzw. außerhalb der normalen Arbeitszeiten nur geringfügig unterschied. Was machten diese Krankenhäuser anders und damit richtig im Vergleich zu vielen anderen Häusern? Darüber hinaus zeigt sich der sogenannte Wochenend-Effekt längst nicht in allen medizinischen Disziplinen gleichermaßen, wie Studien belegen. Was läuft demnach in anderen Fachbereichen anders, und was davon ließe sich möglicherweise für die Kardiologie adaptieren? Diese spannenden Fragen begünstigen zukünftig sicher kontroverse Erkenntnisse im Bereich der Wochenendversorgung von Patienten in Kliniken hierzulande. Den Wochenend-Effekt allein auf den Personalmangel schieben zu wollen, scheint jedoch im Angesicht dieser aktuellen Daten, etwas zu einfach gedacht. Quelle: Trends in Survival After In-Hospital Cardiac Arrest During Nights and Weekends. Ofoma UR et al., Journal of the American College of Cardiology 2018; 71(4): doi: 10.1016/j.jacc.2017.11.043