Wie lange gilt nun der Genesenenstatus – und wie sieht es mit Corona-Infektionen aus, die zwischen zwei Impfungen passieren? Tja, schlüssige Antworten auf diese berechtigten Fragen hat gerade leider keiner.
Seit sich am 1. Februar 2022 die Nummerierungen der COVID-19-Impfungen bei der Digitalisierung über das Meldeportal geändert haben, sind wir verwirrt. Zum Glück hat die ABDA direkt einen Leitfaden herausgebracht, an dem wir uns entlanghangeln konnten. Doch trotz dieser Hilfen standen wir das ein oder andere Mal vor einem wilden Durcheinander der Geltungsbereiche. Was gilt nun, wenn der vor uns stehende Kunde nicht nur den Impfpass in der Hand hält, sondern auch einen Genesenennachweis zu einer Infektion, die zwischen der ersten und zweiten Impfung stattgefunden hat? Ist er dadurch automatisch geboostert? Und macht es einen Unterschied, ob die erste Impfung mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson erfolgte, oder ob es Vaxzevria®, Spikevax® oder Comirnaty® war?
Verwirrt sind die Menschen außerdem darüber, dass die Gültigkeit digitaler Impfzertifikate über eine vollständige Grundimmunisierung (zwei Impfungen) von zwölf auf neun Monate verkürzt wurde, die der Auffrischungsimpfung allerdings nicht begrenzt ist. Zudem sind Genesenenzertifikate für Ungeimpfte auf EU-Ebene 180 Tage, also sechs Monate lang, gültig, innerhalb Deutschlands wurden sie am 15. Januar 2022 auf drei Monate verkürzt und im Februar wieder verlängert. Genesenenzertifikate für zuvor geimpfte Personen blieben damals wie heute allerdings weiterhin 180 Tage lang gültig. Auch die Begründung des RKI, dass diese Entscheidung mit der Omikron-Variante zu tun hat, die zu häufigeren Reinfektionen bei zuvor infizierten und nicht geimpften Personen führt, zog nur bedingt. Omikron wütet ja in Gesamteuropa und führt nicht ausschließlich in Deutschland zu Reinfektionen.
Je nachdem, zu welchem Zeitpunkt sich die Menschen nun ihr Zertifikat in den Apotheken haben ausstellen lassen, stehen aufgrund verschiedener technischer Änderungen unterschiedliche Ablaufdaten auf dem Papier. Hat ein bislang ungeimpfter Genesener sich sein Zertifikat im Januar geholt, weist es 180 Tage Gültigkeit aus. Hat er es Anfang Februar bekommen, stehen ihm nur noch bis 90 Tage nach Infektionsbeginn alle Einkaufsmöglichkeiten offen, hat er es aber erst nach dem 10. Februar ausstellen lassen, werden ihm (vorerst) wieder 180 Tage attestiert, was aber innerhalb Deutschlands bei einer genaueren Prüfung nicht anerkannt werden muss. Viele verstehen auch nicht, dass sie 14 Tage nach der Grundimmunisierung bereits wieder einkaufen gehen dürfen, nach dem positiven PCR (oder PCR-äquivalenten Methoden der Nukleinsäureamplifikationstechnik) aber 28 Tage warten müssen.
Lange besteht dieses Problem allerdings nicht mehr – wie auf der gestrigen (Mittwoch, 16. Februar 2022) Bund-Länder-Konferenz beschlossen wurde, sollen bald ja die 2G-Zugangsregel im Einzelhandel bundesweit entfallen.
Manche Menschen sind auch in anderen Ländern geimpft worden, allerdings mit einem Impfstoff, der hierzulande nicht anerkannt wird. Sie wehren sich dagegen, nun als ungeimpft zu gelten. Hier wird in den Apotheken in ganz Deutschland viel Aufklärungsarbeit geleistet und diskutiert. Häufig müssen wir darauf hinweisen, dass es unnötig ist, mit uns über den Sinn oder Unsinn der einzelnen Vorgehen zu diskutieren, da hier nur das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und die STIKO festlegen, wer als geimpft oder geboostert gilt.
In der Ausfüllhilfe zur Erstellung der COVID-19-Impfzertifikate der ABDA finden sich folgende Regeln für Personen, die grundimmunisiert sind:
Der letzte Punkt ist besonders ärgerlich, da man beim RKI unter der Frage „Wer gilt laut rechtlichen Verordnungen als vollständig geimpft bzw. genesen?“ folgenden Passus findet: „Personen, die einmal geimpft wurden, und ≥4 Wochen nach der ersten Impfstoffdosis eine PCR-bestätigte SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht haben. Eine Person gilt in diesem Fall als vollständig geimpft ab dem 29. Tag nach Abnahme des positiven Abstrichs.“ Das lässt sich aber mit den Zertifikaten nicht darstellen – und das einem Kunden in der Apotheke zu erklären, ist quasi unmöglich.
Die Änderungen, die sich ergeben haben, werden außerdem nicht automatisch in der CovPass-App umgestellt. Das bedeutet, dass sich die Betroffenen wieder zur Apotheke bemühen müssen, um ein neues Zertifikat zu erhalten.
Diese Regelungen sind für Betroffene schwer nachvollziehbar, daher bittet der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) Thomas Dittrich in einer Pressemitteilung um das Verständnis der Kunden. Die Apotheken tragen keine Verantwortung für die Darstellung der Zertifikate, denn diese liegt beim Gesundheitsministerium sowie dem RKI als Betreiber der Anwendungen. Auch das Hin und Her bei der Gültigkeit der Genesenenzertifikate, die erst Mitte Januar auf 90 Tage verkürzt wurde, um dann am 10. Februar wieder die alte Laufzeit von 180 Tagen zu erhalten, hat nichts damit zu tun, dass die Apotheken irgendetwas falsch gemacht hätten. Eine Erkrankung nach der ersten Impfung kann weiterhin nicht als Auffrischungsimpfung, nach der zweiten Impfung nicht als Booster eingetragen werden.
Mich wundert es im Übrigen bei all dem Durcheinander und all den aktualisierten Zertifikaten, die wir für unsere Kunden erstellen, nicht, dass wesentlich mehr Impfzertifikate ausgestellt wurden, als bislang echte Impfungen erfolgt sind. Ich empfehle meinen Kunden daher dasselbe wie Thomas Dittrich: alle Zertifikate – ob physische oder in die App eingetragene – zu behalten und weder zu löschen noch wegzuwerfen. Wer weiß, vielleicht gibt es ja demnächst wieder die Rolle rückwärts und alle, die wir vor der aktuellen Änderung bis zum Februar ausgestellt haben, werden wieder gültig? Zurzeit weiß man in den Apotheken nur eines mit Gewissheit: Wir können uns auf nichts Festes einstellen und jeder Tag bringt neue Überraschungen mit sich.
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