Mittlerweile gibt es viele Forschungsmethoden, die die klassischen Tierversuche abgelöst haben. Dennoch kommt vor allem die Forschung kardiovaskulärer Krankheiten an ihre Grenzen. Eine Übersicht.
In der biomedizinischen Forschung sind immer weniger Tierversuche notwendig: Viele in-vivo-Experimente können mittlerweile durch in-vitro-Modelle menschlicher Zellen ersetzt werden. Dennoch kommen auch diese alternativen Methoden an ihre Grenzen. Wenn es etwa darum geht, Krankheitsmechanismen oder die Wirksamkeit und Sicherheit von Arzneimitteln zu klären, sind Tiermodelle bisher unersetzbar. Forscher arbeiten daher daran, neue humanrelevante Krankheits- und Prüfmodelle in vitro und ex vivo zu entwickeln, die dem sogenannten 3R-Prinzip entsprechen: Dieses beinhaltet Tierversuche möglichst vollständig zu vermeiden (Replacement), die Zahl der Tiere zu verringern (Reduction) und ihr Leiden in Versuchen auf ein Mindestmaß zu beschränken (Refinement).
Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie hat nun ein Positionspapier für die Übertragung der Ergebnisse aus dem Labor in die klinische Anwendung verfasst. Darin lobt sie die jüngsten Fortschritte bei der Entwicklung tierversuchsfreier Methoden in der kardiovaskuläre Forschung. Neben stammzellbasierten Zellmodellen und der In-situ-Modellierung von Herzeigenschaften gibt es mittlerweile auch bioinformatische Modelle, die klinisch relevante Merkmale für menschliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufweisen. „Für die experimentelle Forschung sind Krankheitsmodelle erforderlich – In-vitro- und auch Ex-vivo-Modelle –, insbesondere solche, die eine bessere Übertragbarkeit auf den Menschen zulassen, als es Tiermodelle erlauben", erklärt Prof. Thomas Thum, der bereits seit einigen Jahren die Pathomechanismen von menschlichem Herzgewebe zu Therapiezwecken erforscht.
Herzerkrankungen sind jedoch sehr komplex, zumal meist auch andere Organsysteme beteiligt sind. Dieser Umstand macht es schwer, ein passendes alternatives Modell zu entwickeln. Mit bereits etablierten In-vitro- und Ex-vivo-Modellen, bislang insbesondere für Lunge und Atemwege, und mit computergestützten Verfahren wollen die Forscher nun neue Wege gehen und Modelle für das Herz verfeinern oder schaffen. Diese sollen eine bessere Vorhersage der Forschungsergebnisse für den Menschen ermöglichen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Fraunhofer-Instituts für Toxikologie und Experimentelle Medizin ITEM. Hier und im Text findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Artem Bryzgalov, unsplash.