Drei Viertel der COVID-19-Patienten auf Intensivstation haben nach einem Jahr noch Symptome und Nachwirkungen. Das zeigt eine niederländische Studie. Allerdings: Das gilt nicht nur für COVID-Patienten.
Für COVID-19-Patienten mit besonders schwerem Krankheitsverlauf führt oft kein Weg an der Intensivstation vorbei. Doch auch wenn die Erkrankung überwunden scheint, bleibt für viele Überlebende kritischer COVID-19-Erkrankungen das Risiko langfristiger Beeinträchtigungen weiterhin bestehen. Nach früheren Untersuchungen gibt es mehr als 200 Symptome, die mit einer COVID-19-Infektion in Verbindung gebracht werden, auch lange nachdem die ursprüngliche Erkrankung vorüber ist. Dass Patienten noch ein Jahr nach Entlassung von der Intensivstation mit körperlichen und mentalen Folgeerscheinungen zu kämpfen haben, zeigt eine neue niederländische Studie. Sie wurde in der Zeitschrift JAMA publiziert.
Mediziner des Radboud University Medical Center befragten darin Covid-Patienten, die im Schnitt 18 Tage (IQR 11 bis 32 Tage) auf der Intensivstation verbrachten, anhand eines Fragebogens zu ihrem Gesundheitszustand.
Die Analyse von 246 Patienten (mittleres Alter 61,2 Jahre; 176 Männer [71,5%]; 70 Frauen [28,5%]), ergab, dass fast drei Viertel der Patienten (74,3% [95% CI, 68,3% bis 79,6%]) auch 12 Monate nach ihrem Krankenhausaufenthalt noch von körperlichen und kognitiven Problemen geplagt waren.
38,9 % der Patienten gaben an, dass sie sich deutlich schwächer als vor der Infektion fühlten. Weitere körperliche Probleme waren Gelenksteifigkeit (26,3 %), Gelenkschmerzen (25,5 %), Muskelschwäche (24,8 %) und Myalgie (21,3 %). Keine Überraschung ist, dass auch die Psyche langfristig beeinträchtigt ist: Psychische Symptome wurden von 26,2 % der Patienten und kognitive Symptome, wie Probleme mit dem Gedächtnis und der Aufmerksamkeitsspanne, von 16,2 % angegeben.
Die beschriebenen Symptome beeinträchtigen Betroffene nicht nur selbst, sondern können auch mit höheren Gesundheitskosten in Verbindung gebracht werden. Die Studie ergab, dass 57,8 % der Befragten, die vor der COVID-19-Erkrankung einen Arbeitsplatz hatten, ein Jahr später immer noch krankgeschrieben waren oder ihre Arbeitszeit reduziert hatten.
Kurz gesagt: Menschen mit intensivpflichtigem COVID-19 können noch lange nach ihrem Krankenhausaufenthalt unter Folgeerscheinungen leiden. Die Frage ist allerdings, wie spezifisch das für die Erkrankung COVID-19 ist. Die niederländische Studie hatte keine Kontrollgruppe, wie so oft bei Studien zu COVID-Folgen. Immerhin berichten die Autoren in der Diskussion aber über Daten aus anderen Kohorten - inklusive einer Kohorte aus dem selben Forschungsprojekt. Und da zeigt sich, dass auch ohne COVID-19 bei 74 % der Intensivpatienten nach einem Jahr physische und bei 16 % kognitive Folgen zu finden sind - sehr ähnlich den Quoten nach COVID. Psychische Symptome waren in dieser indirekten Kontrollkohorte sogar häufiger als bei COVID, umgekehrt hatten COVID-Patienten häufiger Probleme mit der Rückkehr in den Job.
Anmerkung: In einer ersten Version dieses Textes waren die am Ende erwähnten Einschränkungen der nicht kontrollierten Studie nicht ausreichend deutlich geworden. Der Text wurde deswegen nachträglich ergänzt.
Bildquelle: Aron Visuals, unsplash